Töne mit Tiefgang: Johannespassion beeindruckt in der Gotthardtkirche Brandenburg

Ein ganz besonderes Konzert durften die Besucher der Brandenburger Gotthardtkirche jetzt erleben. Die Stadtkantorei, der Motettenchor und Musiker der Komischen Oper Berlin führten Johann Sebastian Bachs Johannespassion auf. Schon der Beginn des aufwühlenden Stückes verhieß ein einmaliges Erlebnis. Die Erregung über das Ungeheure war von Anfang spürbar. Mächtig aufgewühlt erklang der Eingangschor „Herr, unser Herrscher“ in Johann Sebastian Bachs Johannespassion. Fast flammend tönte dies im Singen der Brandenburger Stadtkantorei und des Brandenburger Motettenchores. Die Ausrufezeichen wurden jedenfalls hörbar gemacht. Während Bachs Matthäus-Passion fast die Ausdehnung einer Wagner-Oper besitzt, dauert seine Johannes-Passion knappe, schnörkellose zwei Stunden. In ihnen ist alles enthalten: das dramatische, auch in den Turbae-Chören unerbittliche Geschehen um Christi Gefangennahme, Verurteilung und Kreuzigung, sein Tod und die Grablegung, dem reflektierende Trauer und Trost folgen.

Fred Litwinski hat mit der Aufführung wiederum ein Bekenntnis zum Klang abgegeben. Dabei wurde nichts grundsätzlich auf pure Schönheit getrimmt, die ja in der Passionsvertonung fehl am Platz wäre. Das Drastische der Passionsgeschichte blieb nie unterbelichtet. Dramatik bedeutet aber bei Litwinski nicht Effekt oder Äußerlichkeit. Die raschen Nummern bis hin zum „Lasset uns den nicht zerteilen“ vibrieren mit innerer Unruhe. Die Turbae-Chöre dürfen, so es das Geschehen erfordert, schnell sein, aber keinesfalls gehetzt. Verdichtet sich die Handlung, etwa in der Szene mit Pilatus, bleibt genügend Raum für die Entfaltung von Text, vokaler und instrumentaler Phrase. Der großbesetzte Chor machte seine Sache Respekt gebietend, sang weitgehend homogen, klar in der Diktion und variabel in der Dynamik der Choräle, die große Leuchtkraft besaßen. Unsentimentale Intensität verabreichte Litwinski dem Schlusschor „Ruhet wohl“ durch eine insgesamt zügige, schwungvolle Gangart.

Auch die im Oratorienfach erfahrenen Solisten gaben ihr Bestes, allen voran Nico Eckert, der als Evangelist und mit den Tenorarien die Hauptlast zu tragen hatte. Er tat dies zunehmend als beteiligter und mitfühlender Erzähler mit großem Ernst, geschmeidiger Stimme und wann nötig, auch expressivem Ton. Der Bassist Lars Grünwoldt sang wunderbar fokussiert in allen Lagen und dabei ganz natürlich in Diktion und Ausdruck die Jesusworte. Den Verhörszenen bei Pilatus gab er eine überzeugend selbstbewusste Größe, den fürsorglichen Bekundungen für seine Mutter und dem Lieblingsjünger Johannes in der Todesstunde berührende Momente. Überaus ergreifend formte mit plastischer Substanz die mit warmem Alt ausgestattete Bettina Denner vor allem die poetische Klage „Es ist vollbracht“. Martina Rüping, Sopran, gab die in der Todesszene angesiedelte Arie „Zerfließe mein Herze“ innig berührend in Stimme und Ausdruck.
Schöne Klangperspektiven eröffneten die Orchestermitglieder der Komischen Oper mit ihrem Spiel. Sie musizierten gerundet und farbintensiv. Wunderbare Eingebung tönte aus den arienbegleiteten Instrumentalsoli. Von Klaus Büstrin

Paukenschlag im Huchel-Haus

von Gerold Paul

Mit einem Liederzyklus wird in Wilhemshorst des Namensgebers des Kulturhauses gedacht

Michendorf - Neunzehn Jahre tapferer und wohl auch honoriger Literaturbetrieb im Wilhelmshorster Peter-Huchel-Haus. Zwar ging es dort stets freundlich und aktuell, manches Mal aber auch etwas steif, akademisch und eher blutarm zu. Das musste nicht immer am Literarischen liegen. Zu den „Grundregeln des Hauses“ nämlich, so Lutz Seiler, Leiter der Gedenkstätte und preisgekrönter Autor, habe bisher gehört, dass „ausschließlich das gesprochene Wort“ gepflegt werden sollte – also Prosa, Essay, Gedicht und Polemik.

Insofern war der Versuch, mal etwas Neues auszuprobieren, wie ein Meilenstein im Huchel-Domizil. Numerologisch bedeutet die Zahl Neunzehn ja ohnehin „Neuanfang“. Und tatsächlich kam der zwölfteilige Liederzyklus nach Gedichten von Huchel wie ein Paukenschlag daher. Wie ein poetischer, wundervoller Paukenschlag, der von Anfang bis Ende auf betörende Weise überzeugte. Dass so etwas Schönes heutzutage möglich ist, wundert einen fast.

Der Leipziger Komponist und Pianist Tobias Rank hatte den am Dienstag vorgestellten Liederzyklus „Über den Jägern jagt der größere Hund“ nach Texten von Peter Huchel bereits 2007 für Bariton und Klavier komponiert, im Auftrag der Kulturstiftung des Bundes. Zusammen mit dem fast schon fabelhaft guten Bass-Bariton Lars Grünwoldt erstand dem zahlreich erschienenen Publikum ein großartiges Kunstwerk, fein in der Struktur, im Ausdruck unübertrefflich. So einen Huchel hat man bisher noch nirgends erlebt. Hier wurde schnell klar, was ein Freund von ihm sagte: Viele Dichter haben ein Vokabular, Huchel hat einen Wortschatz!

Der 1968 geborene Komponist ist lange schon mit der Romantik, speziell mit Franz Schubert, unterwegs. Und er sah, mit Verlaub, am E-Piano auch ein wenig nach ihm aus. Seine Vertonungen folgen dem Geist der ohnehin klingenden Gedichte Huchels fast immer in Moll. Vor allem auf dienend-begleitende Art, denn die Lyrik behielt stets den Vortritt.

Zwar hörte man auch mal kräftiges Forte, so äußere oder auch innere Gewitter grollten. Meist aber blieb der Ton lyrisch, poetisch, rein. Manchmal ehren die Klänge die kunstliedhafte Art von Schubert, hier und da schlüpfen auch mal jazzige Phrasen ins Notenwerk hinein. Das ist Euphonie vom Anfang bis zum Ende!

Mindestens kongenial der wortgewandte Lars Grünwoldt. Er lebte jedes Lied mit gewinnendem Lächeln aus der Tiefe heraus. So viel Innerlichkeit an Ausdruck ist selten genug, da ging jede Sentenz direkt unter die Haut. Mal im Glissando, mal lyrisch, mal forte. Dann wieder syllabisch, vollendete seine Interpretationskunst den Liederzyklus in jedem seiner Teile. Gelesen wurde auch, Briefe von und an Huchel, Kulturpolitisches Unbill aus der DDR, wo man ihn zunehmend isolierte, bis ihn „die Nacht übergraute“, andererseits Zuspruch und Tröstung von Freunden.

Ein höchst erquicklicher Abend mit langem, dankbaren Beifall, ein Paukenschlag. Hatte nicht auch Haydn die Seinen dergestalt zu wecken versucht? Lutz Seiler sprach sogar von einer Zäsur in der Programmgestaltung. Was wäre auch nötiger, als dass die Literatur endlich und richtig lebendig wird!

Kulturförderpreis 2015 des Landes

Am 9. November erhielt der OPERNALE e.V. den begehrten Kulturförderpreis des Landes Mecklenburg-Vorpommern, der zusammen mit dem Kulturpreis an Miro Zahra vergeben wurde. Ministerpräsident Erwin Sellering in seiner Rede:

"Die OPERNALE-Aufführungen sind mit ihrem Rahmenprogramm, mit Spaziergängen und kulinarischen Genüssen, zu echten Kultur-Ereignissen auf dem Lande geworden. Sie schaffen Orte des Austauschs – zwischen den Künstlerinnen und Künstlern und ihrem Publikum, zwischen Einheimischen und Konzertgästen von außerhalb"…"Die OPERNALE ist eine kulturelle Perle im ländlichen Raum, ein leuchtendes Vorbild, von dem wir uns wünschen, dass ihm noch mehr solche Projekte folgen." Bei der Preisverleihung anwesend waren der Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mathias Brodkorb sowie Mitglieder des Kunst- und Kulturrates des Landes und die Vorsitzenden verschiedener Kreiskulturräte. Die Laudatio für den Verein OPERNALE e.V. hielt die NDR Chefin Elke Haferburg, die das Projekt von Anfang an begleitet hat.

Die komplette Rede des Ministerpräsidenten kann man nachlesen unter:

www.regierung-mv.de/Landesregierung/stk/

Erinnerung an Sibylla Schwarz

Das Thema drängt sich geradezu auf, nicht nur in Vorpommern: Sibylla Schwarz, leidenschaftlich dichtende Greifswalder Bürgermeistertochter, stirbt 17-jährig am 31. Juli 1638. Ihr Werk – schon 1682 von kompetenter Seite gelobt – ist aber kaum bekannt, dann lange gänzlich vergessen und nun mit Roman, Theaterstück, wissenschaftlicher Beschäftigung und Vertonungen Gegenstand engagierter Wiederbelebung. Das Fachurteil: Ihre Gedichte zählen „zum Besten, was in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in deutscher Sprache ge- schrieben wurde.“ Und wir haben es nicht gewusst! Dies zu ändern, hat der Verein zur Förderung der Darstellenden Künste in MV, OPERNALE e. V., seine 4. Saison ganz der Dichterin gewidmet und vorgestern im Schloss Griebenow das Musiktheaterstück „Ist Lieb ein Feur“ uraufgeführt. Es basiert auf einem Theatertext Ulrich Froh- rieps (2009) und verwendet, das Ganze strukturierend, Gedichte der Frühvollendeten. Henriette Sehmsdorf verantwortet Libretto und Inszenierung, Catrin Darr die Dramaturgie; die Musik kompo- nierte Doreen Rother. Thema ist Sibyllas von Krankheit und zahlreichen freudvollen wie schmerzlichen Rückerinnerungen geprägter und von Susanne Gross berührend präsentierter letzter Lebenstag. Er wird vor allem genutzt, um in Prosa und wahrlich eindrucksvoller Poesie ein Charakterbild der jungen, über sie bedrängende Glaubens- und Zeitfragen höchst emotional und auch fordernd nachdenken- den jungen Frau zu entwerfen. Als Projektionsflächen dienen dabei zwei vor allem singende Darsteller (Barbara Ehwald, Sopran, Lars Grünwoldt, Bariton). Da sie jeweils mehrere Personen verkörpern, sind sie für verschiedene, in Ermangelung von Fakten hier frei entworfene Lebensbereiche wichtige Dialogpartner. In dieser Konstellation gelingt auf wenigen Quadratmetern karger Bühne (Tom Hornig) und in kontrastreich prächtiger Ge- wandung (Stefanie Gruber) ein sprachlich durchweg anspruchsvolles, fesselndes und bestens präsentiertes Stück. Angesichts gedanklich-poetisch ausgedehnten Reflektierens ist allerdings ein hochkon- zentrierter Besucher gefragt; einige strukturelle Hinweise im Programmheft hätten auch ganz gut getan. Von genau kalkulierter Wirkung ist Rothers höchst sparsame Musik für Singstimmen, stilistisch mischt sie Barockisierendes mit unorthodoxer Verfremdung; aber sie passt! Ein gelungenes Plädoyer für Sibylla Schwarz!

Ekkehard Ochs über ein Musiktheaterstück der Opernale in Schloss Griebenow

www.opernale.de

Giovanni Carli Ballola recensisce sull'Espresso il "Winterreise" di Grünwoldt e Rucli

Il 7 marzo 2013 l'Espresso ha pubblicato un articolo sul ciclo liederistico "Winterreise" di Schubert eseguito da Lars Grünwoldt (baritono) e Andrea Rucli (pianoforte) al Pontificio Istituto di Musica Sacra a Roma.

"Non più di una ventina di ascoltatori raccolta davanti ad un baritono e a un pianoforte. così al Pontificio Istituto di Musica Sacra è rinata una schubertiade."

"Rinascita avvenuta non per sfizio filologico ma spontaneamente e quasi in provocatoria controtendenza rispetto al dominante rito dell'evento. Genio pressoché assolute del Lied, che è dire del fium carsico di canto e pianoforte che alimenta tutta la civiltà musicale tedesca, Franz Schubert si lasciò vivere i pochi anni di un'esistenza qualsiasi tra amici di discreta cultura, buone letture, frequentazioni borghesi; la vita altra e tutta sua ardeva nascosta nei pentagrammi."

"Mancato ai vivi da poco, Dietrich Fischer-Dieskau, liederista sommo, ha lasciato al sua tremenda eredità al giovane Lars Grünwoldt che se ne è rivelato degno, non meno del partner pianista Andrea Rucli"

Giovanni Carli Ballola

Hommage à Gustav Mahler

Sous la direction de Marcel Wengler, l’ensemble Luxembourg Sinfonietta a joué la carte de la diversification en proposant entre autres deux créations mondiales aux côtés de Lieder de Gustav Mahler, dimanche au centre culturel opderschmelz de Dudelange.
Le baryton Lars Grünwoldt a participé à la création de «Kafka’s Träume», une partition signée Sylvie Bodorova, compositrice d’origine tchèque, avant de tenir la partie soliste dans les émouvants «Rückert-Lieder» et «Lieder eines fahrenden Gesellen» de Gustav Mahler, de même que dans un extrait tout à fait surprenant du «Winterreise» de Schubert, «Gute Nacht». L’orchestration, conçue tout particulièrement par Marcel Wengler pour la formation instrumentale du Sinfonietta, a permis d’apprécier ces pages connues dans une version «de chambre» inédite et haute en couleurs.
Pour compléter ces pages vocales, l'ensemble a d’abord proposé une autre création mondiale, «Mèden agan», du compositeur luxembourgeois Roland Wiltgen, puis «Ogun & Oshun» de Luc Rollinger, interprétant en outre deux des trois célèbres «Gymnopédies» d’Eric Satie et une ouverture miniature de Jos Kinzé, toutes trois dans une version instrumentale due à Marcel Wengler. Marcel Wengler a donné le coup d’envoi de ce riche éventail musical en dirigeant avec entrain la charmante «Kleine Lustspiel-Ouverture», réalisant de la sorte une entrée en matière séduisante, au caractère tour à tour léger et sentimental. Les musiciens en verve ont poursuivi sans effort apparent avec la première «Gymnopédie» de Satie, en offrant une lecture poétique et calme.

Très attendue, la création de «Kafka´s Träume», de Sylvie Bodorova, a plongé les auditeurs dans un paysage sonore fortement contrasté et á la puissance dramatique indiscutable. Si le texte a parfois semble répétitif, voire monotone, cet effet a été exacerbé par l´abondance de couleurs instrumentales qui, très présentes dans leur diversité d´écriture aussi bien que richesse de tempérament, ont posé quelques soucis d`équilibre au chanteur soliste.

Si l´excellent batyton Lars Grünwoldt a démontré une musicalité et une sensibilité remarquables dans les Lieder de Gustav Mahler, de même qu´une affinité certaine avec le style de Franz Schubert, rendant avec un bonheur particulier le caractère intime et lumineux présent dans «Gute Nacht», force est de reconnaitre que l´orchestration, pour imaginative qu´elle soit, s´y est révélée parfois lourde et n´a pas toujours servi au mieux la partie soliste, qui aurait quant á elle peutêtre bénéficié d´une acoustique offrant davantage de réverbération.

(par Isabelle Trüb)

Luxemburger Wort / 6.07.2011

Botanische Nacht mit Theater, Musik und Feuerwerk

Traumhafte Lichtinstallationen, spektakuläre künstlerische Inszenierungen und außergewöhnliche kulinarische Genüsse - das sind nur einige der Attraktionen, die die Besucher der Botanischen Nacht heute im Botanischen Garten in Dahlem erwarten.
Außerdem gibt es beim wohl sinnlichsten Sommerfest Berlins noch 14 verschiedene Führungen, Theater und Musik. Zu dem Spektakel werden mehr als 10 000 Besucher erwartet. Auf 43 Hektar botanischen Pfaden geht's durch aufwendig beleuchtete Landschaften und die Gewächshäuser von Kontinent zu Kontinent quer über den ganzen Globus.

Die Veranstalter versprechen, dass die Botanik mit allen Sinnen zum Thema der Nacht wird. "Wenn es dunkel wird, verstummt der Vogelgesang, doch umso leichter können Sie hören, wo Musiker für Sie aufspielen, ob Klassik, Chanson, Swing oder Pop, an lauschigen Plätzen, auf kleinen Podien oder ganz unerwartet am Wegesrand." Highlights in diesem Jahr sind die Sonderausstellung "Die Welt der Palmen", die Auftritte des "Trios Ohrenschmalz" mit 20er-Jahre-Songs und des Berliner Baritons Lars Grünwoldt, der am Amerika-Teich romantische Volkslieder und Szenen aus Haydns Schöpfung vortragen wird. Und um 22.45 Uhr zündet ein Feuerwerk zu Musik.

Botanische Nacht: Botanischer Garten, Königin-Luise-Str. 6-8, Dahlem. Einlass: 17 Uhr. Tickets gibt es unter www.botanische-nacht.de , oder Tel. 01805-28 82 44 und an allen Vorverkaufsstellen zum Preis von 31 Euro

Berliner Morgenpost 16. Juli 2011

Jubilierende Freude: Bachs Weihnachtsoratorium aufgeführt

PFORZHEIM. Für viele Menschen gehört Johann Sebastian Bach zur Weihnachtszeit. Sein „Weihnachtsoratorium“ ist eine Einladung, mit fröhlicher und kraftvoller Musik an der Geburt des Heilands teilzuhaben. Bach hat „die Liebesgeschichte Gottes mit den Menschen“ grandios umgesetzt. Auch in der Pforzheimer Stadtkirche verwandelte sich der frisch, lebendig und konzentriert aufgeführte sechsteilige Kantatenzyklus in einen wirkungsmächtigen musikalischen Gottesdienst. []Diesen Artikel versenden E-Mail-Adresse des Absenders*E-Mail-Adresse des Empfängers*Nachricht*[] [] „Jauchzet, frohlocket!“ Schon der jubelnden Freude des Eröffnungschores, der mit fünf Paukenschlägen, Trompetenschall und triumphal klingendem Saitenspiel eingeleitet wird, konnte sich kaum ein Zuhörer entziehen. Dann verdichteten sich in der Reihung der vokalen Kompositionsteile die Lesungen der Weihnachtsbotschaft (Evangelist), die Betrachtungen (Rezitative), die Gebete (Arien) und der Gemeindegesang (Chöre) zu einem sinnfällig ausbalancierten Kosmos, von instrumentaler Pracht eingerahmt und grundiert.Hoch motivierte ChöreMan spürte, wie motiviert und freudig das aus Oratorienchor, Motettenchor, Jugendkantorei (und in den ersten drei Teilen) Mädchen- und Jungenkurrende gefügte, stimmgewaltige Chorensemble zu Werke ging. Immer wieder sorgten chorische Einlassungen für Höhepunkte. So im Choral „Ach, mein herzliebes Jesulein!“, dessen Textzeilen mit silberhell gleißenden Trompeten, wuchtigen Pauken und energischen Streicherpassagen alternierten. Oder im temperamentvoll gebotenen Coro „Ehre sei dir, Gott, gesungen“, der von klangschön „orgelnden“ Oboen und dem rasant agierenden Bachorchester Pforzheim begleitet wurde.Zupackend, aber auch mit gestischer Eleganz und großer Übersicht, leitete Kirchenmusikdirektor Kord Michaelis seine Ensembles. Da gingen vom Dirigentenpult Kraftströme aus, die unmittelbar Wirkung zeigten. Geschmeidig fließend entfaltete sich der Choral „Wie soll ich dich empfangen“, lebhaft fordernd das Chorstück „Brich an, du schönes Morgenlicht“, ausdrucksvoll schreitend der Lobgesang „Wir singen dir in deinem Heer“. Intensiv erscheint die Zusammenarbeit des Dirigenten mit dem Orchester und dessen exzellentem Konzertmeister Gerd-Uwe Klein, der die Instrumentalgruppen vorbildlich anführte. Und auch in solistischen Abschnitten, etwa in der Arie „Schließe mein Herze“ oder zusammen mit Martina Bürck im Violin-Duo zur Tenor-Arie „Ich will nur dir zu Ehren leben“, glanzvoll agierte. Verlassen konnte sich Michaelis auf seine Fundament-Instrumente im Continuo (Barbara Nöldeke, Cello; Georg Nöldeke, Kontrabass; Timo Rinke, Orgel-Portativ).Junge SängerNatürlich kommt im Weihnachtsoratorium den Vokalsolisten eine entscheidende Rolle zu. Auffallend in der Pforzheimer Aufführung deren jugendliches Alter und die unprätentiöse Frische ihrer Stimmen. Ein umfangreiches Pensum meisterte Sebastian Hübner als Evangelist, der licht und verständlich klar zu artikulieren verstand und seine Tenor-Arien in den scheinbar mühelos erklommenen Höhen mit mildem Sfumato ausstattete. Altistin Annerose Hummel, deren Timbre in Richtung Mezzosopran ausschwingt, gestaltete die berühmte, Flöten begleitete Bach-Arie „Schlafe, mein Liebster“ sehr zart. Zu den interessantesten Oratorien-Nummern zählt die Echo-Arie, wo ein doppeltes Echo mit je zwei Solo-Oboen und Sopranstimmen für sangliche Anmut einsteht. Hier hatte Kirsten Drope, deren Sopran freilich in manchen Spitzentönen etwas grell aufzackte, ihren eindrucksvollsten Auftritt. Tadellos bewältigte Lars Grünwoldt seinen Part – eher ein heller, der Bariton-Stimmlage zuneigender Bass. Mit Bachs Meisterwerk ließ Michaelis gleichsam ein Himmels-Orchester aufspielen und die Engel gemeinsam mit dem Menschenchor singen. Da macht es auch nichts, dass sich die Interpreten für die ersten drei Teile vergleichsweise viel Zeit ließen, die letzten drei nach der Pause aber mit eiligem Tempo durchgezogen wurden.

Eckehard Uhlig 12.12.10

Comeback mit Tschaikowsky
Russland trifft Preußen: Ex-Botschafter Vladimir Kotenev lud zur exklusiven Potsdamer Schlössernacht. Es wurden rund 33.000 Besucher erwartet.

Potsdam - In der Orangerie ließen prominente Gäste des Vorabendkonzerts der Potsdamer Schlössernacht, zu der dann am Sonnabend wieder 33 000 Besucher kamen, ein glanzvolles russisch-deutsches Feuerwerk der Kulturen ausklingen. Thomas Gottschalk saß da mit Frau Thea, Günther Jauch mit der ganzen Familie, die Designer Michael Michalsky und Jette Joop waren gekommen wie auch der Chef der Stiftung Schlösser und Gärten, Hartmut Dorgerloh, das Oberhaupt des Hauses Hohenzollern, Georg Friedrich Prinz von Preußen, Event-Unternehmerin Isa von Hardenberg und die Ex-Top-Politiker Lothar de Maizière und Michael Glos. Sie waren Gäste des neuen Geschäftsführers von Gazprom Germania, Vladimir Kotenev, der Sponsor des Konzerts war. Die Diplomatenuniform hat er abgelegt, den Titel Exzellenz aufgegeben. Aber der Charme, mit dem er und seine Frau Maria die Gäste begrüßen, ist geblieben und wird künftig wohl dem angeschlagenen Image von Gazprom zugutekommen.
Nach dem großen Abschiedsbahnhof im Frühsommer, mit dem Kotenev als populärer russischer Botschafter aus Berlin verabschiedet wurde, hat er sich mit Potsdam einen in vieler Hinsicht symbolhaften Ort fürs Comeback ausgesucht. Die Orangerie war einst als Gästehaus für Zar Nikolaus I. gebaut worden. Das vor 80 Jahren gegründete Tschaikowsky Symphonie-Orchester aus Moskau spielte am Neuen Palais mit großer Reinheit die Symphonie Nr. 5 und, wunderbar im lauen Mondlicht, auch Rachmaninoffs „Rhapsodie über ein Thema von Paganini“. Der kluge Jauch hatte ausgerechnet, dass Dirigent Vladimir Fedoseyev, seit 36 Jahren im Amt, „schon unter Breschnjew gespielt“ haben müsse. Und ja, er heize auch mit Gas. Gottschalk war eher da, weil man sich zufällig auf Sylt getroffen hatte: „Ich dachte, Rachmaninoff vorm Weltkulturerbe mit meiner Frau zu erleben – mehr kann man von einem Abend nicht erwarten.“ Er selber hat Zentralheizung. Manche Gäste hielten nach dem Konzert automatisch Ausschau nach den berühmten Pelmeni, aber der Botschaftskoch ist nicht mitgewechselt.
In der historischen Reitbahn hatte der Abend mit einem festlichen Empfang begonnen. Es gab feine Lachspiroggen und Entenborschtsch, und Kotenev übte sich souverän in seiner neuen Rolle als „Verkäufer“, wie er sagte. Sprach von seinen Gazprom-Töchtern in Zürich, London und Prag und von „den Enkeln in Houston und Singapur“, flocht geschwind ein paar Zahlen ein, 8 Milliarden Umsatz im letzten Jahr, 500 Millionen Gewinn. Und dass sie zu den größten Steuerzahlern Berlins zählen. Ob er sich künftig nicht doch lieber als Topmanager bezeichnen möchte? Er nickt. Freilich beginnt nun der Drahtseilakt. Ex-Bundeswirtschaftsminister Glos weiß, dass Gas derzeit im Überfluss vorhanden ist und deshalb die Imageschäden aus den Zeiten, als Knappheit als Druckmittel ausgenutzt wurde, dringend repariert werden müssen.
Kotenev werde sicher viele Sponsoring-Anfragen bekommen, prophezeite eine Dame der Gesellschaft. An einem Konzept werde schon gearbeitet, antwortet jener gelassen. Mit alten Partnern wie BMW-Chef Hans-Reiner Schröder schmiedet er schon neue Pläne. Der am häufigsten variierte Satz des Abends im illuminierten Park Sanssouci: „Freundschaft ist unabhängig von Positionen.“

21.08.2010 Von Elisabeth Binder (Der Tagesspiegel)

Gesang der Geister: Ernst Kreneks „Dunkle Wasser“ im Konzerthaus

Es liegt auf der Hand, Ernst Kreneks Einakter „Dark Waters“ mit Franz Schuberts „Gesang der Geister über den Wassern“ zusammenzuspannen. Denn der stilistisch vielseitige Neutöner neigte dem Romantiker nicht nur während seiner „neoromantischen Phase“ zu. Zudem beschwören hier beide das Wasser als schicksalhaftes, unergründliches Element, über das der Mensch ins Ungewisse dahingleitet. Zum Abschluss des Krenek-Projekts im Konzerthaus nimmt Regisseur Misha Aster das wörtlich, indem er seine Ausstatterin Mirella Weingarten ein flaches längliches Wasserbecken mitten in den geisterhaft beleuchteten Werner-Otto-Saal bauen lässt. Schon die acht Schubert-Sänger waten hier leise plätschend entlang, während Olivia Stahn, die spätere Krenek-Protagonistin, kerzenbeleuchtete Papierschiffchen in Empfang nimmt und ausbläst.
Die Symbolik geht bei Krenek nicht ganz auf, denn das Wasser ist hier ein realistisches Element. Hier schippert der in Schmugglergeschäfte verstrickte Lastschiffer Joe (Nicholas Isherwood) mit seiner frommen Frau Claire (Regina Jacobi) über „dunkle Wasser“, hier verliebt sich ihr Sohn (Patrick Vogel) in die geheimnisvolle Dolores (O. Stahn) – vielleicht nur eine Projektionsfläche ihrer unterschiedlichen Wünsche? Es spritzt hoch auf zum Vergnügen des Publikums, wenn man mit großen Steinen werkelt, im Kampf hinschlägt oder der Officer (Lars Grünwoldt) trockenen Fußes ans Ufer gelangen will: „Achte gut auf deine Schritte!“
Dolores stirbt mit dem Gesicht im Wasser – sie könnte real ertrinken. Kreneks expressive Musik erfüllen alle Sänger und das von Titus Engel geleitete modern art ensemble mit hoher Intensität – doch der doppelte Boden der unterhaltsamen Geschichte, gar eine übersinnliche Dimension wie bei Schubert will sich nicht mitteilen.

Von Isabel Hitzfeld "Berliner Tagesspiegel" 27.02.10

Geopferte weibliche Erlöserfigur: Kreneks „Dunkle Wasser“ im Konzerthaus Berlin

(nmz) - Im Rahmen der Krenek-Retrospektive am Berliner Konzerthaus ist derzeit Ernst Kreneks äußerst selten gespielte, einaktige Oper „Dunkle Wasser“ aus dem Jahre 1950 zu erleben, ein bei aller apostrophierten Düsterkeit sinnenfrohes, sinnlich changierendes Musiktheater im Fahrwasser von Zemlinsky und Schreker.

Frei nach Hermann Melvilles „The Confidence Man“ schrieb der 1938 in die USA emigrierte Komponist das englischsprachige Libretto zu seinem Opus 125 selbst: Joe, der Inhaber eines Orangen-Fährboots, schmuggelt erstmals Diamanten. Von einer Brücke auf dem Kanal springt ein mysteriöses Mädchen auf den Kahn. Nacheinander verlieben sich Joe, dessen Frau Claire und dessen Sohn Phil in die Unbekannte. Aber das Mädchen stiehlt einen der Diamanten, und Joe bringt sie um. Doch die heiße Ware erweist sich als Attrappe, sie war nur Probestück, um Joe zu testen, und das tote Mädchen war möglicherweise die entflohene Tochter des Gangsterbosses. Auf jeden Fall war diese Fahrt die letzte in Joes Leben.
Fern aller Satire stattet Krenek die Personen seiner „Räuber- und Gendarmengeschichte“ (Krenek) mit Leitmotiven aus, die sich handlungsgemäß wandeln, wie das eröffnende Barcarole-Thema. Marsch, Sarabande und ein rein gesprochener Dialog (Joes erstes Gespräch mit den Gangstern) sind ebenso integriert, wie sinnliche Duette. Das namenlose Mädchen, eine Erfindung des Dichterkomponisten Krenek, erweist sich als das eigentliche Mysterium dieser Oper und spannt dabei musikalisch den Bogen von Wagners „Tristan“ über Zemlinskys „Seejungfrau“ und Schrekers „Christophorus“ zur Übersinnlichkeit in Brittens „The Turn of the Screw“. Bei der deutschen Erstaufführung – anlässlich der Ferienkurse für Neue Musik 1954, in Darmstadt (drei Jahre nach der stark gekürzten Uraufführung in Los Angeles) – musste eine derartige Rollenkonzeption besonders fremd wirken.
Dirigent Titus Engel lässt die stilistische Vielfalt mit dem hoch situierten modern art ensemble aufkochen, den musikalischen Kahn dabei auch mal schlingern, aber nie auflaufen. Regisseur Misha Aster, und Autor des Buches “Das Reichsorchester – Die Berliner Philharmoniker und der Nationalsozialismus“ verzichtet glücklicherweise auf die vom Komponisten für ein nicht realisiertes NBC-Projekt vorgeschlagene filmische Auflösung der Szenen. In Mirella Weingartens Ausstattung sitzen die Zuschauer auf beiden Seiten des Flusses im quer bespielten Hans-Otto-Saal des Konzerthauses: Das Wasserbett selbst ist die Spielfläche für die Bootsleute, die Gangster (Sascha Borris, Ben Schnitzer) und der Offizier (Lars Grünwoldt) bewegen sich am Rande dieser Wasserstraße oder überqueren sie über Flusssteine, die von Joe (ausdrucksstark und kraftvoll: Nicholas Isherwood) und seinem Sohn Phil (Patrick Vogel, mit lyrischem Belcanto) immer wieder neu angeordnet werden. Und der gestohlene Diamant erweist sich als ein schmelzender Eiswürfel. Erdung und Gegenpol zum Mädchen (ätherisch: Olivia Stahn) schafft Joes Ehefrau Claire (Regina Jacobi).
Die von Vater und Sohn im Mordakt gleichermaßen missbrauchte weibliche Erlöserfigur, Projektionsfläche aller männlichen und weiblichen Sehnsüchte, bleibt jedoch als Tote nicht im Flussbett liegen, sondern wandelt an den Ausgangspunkt des Flusses, in die Arme dreier Geistesverwandter. Als besonderen Coup hatte die Inszenierung der pausenlosen Aufführung von Kreneks Einakter nämlich die szenische Interpretation von Franz Schuberts D 714 vorangestellt, den „Gesang der Geister über den Wassern“, für acht Männerstimmen, zwei Violen, zwei Violoncelli und Kontrabässe. Die Goethe-Vertonung des von Krenek u. a. in einer Monographie hoch verehrten Schubert hievt die mysteriös-sinnliche Oper gleich zu Beginn, mit acht durch das Wasser watenden Männerstimmen, in eine übersinnliche Dimension.
Das Premierenpublikum folgte der (durch deutsche Übertitel unterstützten) erstklassig interpretierten Aufführung mit Spannung und dankte den allen Beteiligten mit einhelligem Jubel.

27.02.2010 - Von Peter P. Pachl

Jagdszenen aus Altona

Die junge Regisseurin Rebekka Stanzel inszeniert am Allee-Theater Webers "Freischütz" in zwei Fassungen: eine für Kinder und eine für Erwachsene Männer haben es nicht leicht. Da rennen sie ins Fitnessstudio oder zum Schützenverein, um die Frauen anschließend durch Kraft und Zielsicherheit zu beeindrucken, und erfüllen doch nicht alle Anforderungen. Je nach Bedarf soll ein Mann als Kraftprotz, Sieger, Beschützer, Mutterersatz oder Psychologe auftreten, in jedem Fall aber der Beste von allen sein. Das möchte auch Max aus Carl Maria von Webers Oper "Der Freischütz", die im Allee-Theater am 24. Februar in einer reizvollen Kammerfassung Premiere hat. Dummerweise haben Max (dargestellt von Keith Boldt) das Jagdglück und die Treffsicherheit verlassen. Nun läuft er Gefahr, im Wettschießen um die geliebte Agathe (Nadja Klitzke/Miriam Sharoni) zu versagen und sie nicht heiraten zu dürfen.
Als letzte Rettung lässt er sich vom zwielichtigen Kaspar (Lars Grünwoldt) zum Pakt mit dem Teufel verleiten und verstrickt sich in der selbst gebauten Falle. Webers Oper "Freischütz" aus dem Jahr 1811, die auf der Erzählung "Gespensterbuch" von August Apel und Friedrich Laun beruht, gilt als triumphalster Erfolg der deutschen Volksoper schlechthin und wird bis heute an zahlreichen Bühnen inszeniert. Selbst im Doppelhaus Allee-Theater/Theater für Kinder läuft das Stück gleich in zwei verschiedenen Fassungen. "Der kleine Freischütz" erzählt das gespensterreiche Drama klug gestrafft für Kinder, während sich die junge Regisseurin Rebekka Stanzel im "Freischütz" für Erwachsene besonders mit den seelischen Kon-flikten beschäftigen will: "Die weibliche Hauptfigur Agathe hat das leicht animalische, kräftige Bild eines Mannes, der mit einer Waffe umgehen kann. Auf der ande-ren Seite ist sie von Max so ange-zogen, weil er eben auch ein sen-sibler Denker ist."
Nach Stanzels Meinung entsteht der große Konflikt dadurch, dass Agathe zwischen diesen zwei Bildern gefangen sei und nicht kurzerhand die Entscheidung treffe, das dumme Wettschießen um ihre Hand über den Haufen zu schmeißen und mit Max zu fliehen. Stanzel arbeitet derzeit als Regieassistentin am Staatstheater Braunschweig.
Vor kurzem brachte sie für die Nürnberger Gluck-Festspiele eine selbst erstellte Bearbeitung von Glucks "Orpheus und Eurydike" als sogenannte Wandeloper heraus, bei der sich Ensemble und Publikum gemeinsam durch das ganze Theater bewegen. Für das kleine schmucke Allee-Theater hat Stanzel dagegen ein spezielles Raumbühnenbild geschaffen: "Der Zuschauerraum wurde komplett umgebaut, und die Zuschauer sitzen um die Bühne herum, die verschiedene, auch ineinander übergehende Spielflächen hat. Damit soll der Versuch unternommen werden, die Zuschauer mit in Max' und Agathes Dorf hineinzuholen." Dass bei dieser Kammerfassung, die von der Autorin Barbara Hass und dem musikalischen Leiter Fabian Dobler erstellt wurde, kein vielköpfiger Chor zur Verfügung steht, ist klar. "Die acht Personen, die die einzelnen Solopartien darstellen, bilden deshalb auch den Chor", sagt Stanzel.Die Dialoge von Barbara Hass basieren auf dem Originaltext, auf gesonderte Erzählerpassagen wurde verzichtet, weil sich der Handlungsverlauf von selbst erschließt. Fabian Dobler hat eine raffinierte Bearbeitung für acht Musiker geschrieben, die die teilweise sehr dramatische und bildhafte Musik Webers verschlankt. Natürlich wird im "Freischütz" auch mal laut geschossen. Für die Schüsse werden im Allee-Theater allerdings keine Schreckschusspistolen verwendet, sondern eine Klappe, die kräftig zusammengeschlagen wird. Die deckt das Streichquintett und die drei Bläser akustisch nicht zu.
Auch der Max der Kammerfassung ist nicht unbedingt mit dem Heldentenor vergleichbar, der in der Originalfassung kraftvolle Arien zu bewältigen hat. "Bei mir ist er eher ein bescheidener, poetischer Träumer", sagt Stanzel, "einer, der als Fremder zur Dorfgemeinschaft gestoßen ist, sich in einer Außenseiterrolle befindet und teilweise gemobbt wird." Auch seinen großen Gegenspieler Kaspar, der sein Bündnis mit dem Teufel schon längst geschlossen hat und nun ein weiteres Opfer sucht, um sich freizukaufen, lernen wir in Stanzels Fassung anders kennen. "Barbara Hass hat Kaspar zu einem Kriegsveteranen gemacht, der über das Teufelsbündnis hinaus ganz eigene Probleme hat."
Weil das Allee-Theater über eine hydraulisch steuerbare Bühne verfügt, will Stanzel mit ihrer Hilfe die seelische Schieflage ihrer Protagonisten sichtbar machen. Es gebe heute sowohl Männer als auch Frauen, vielleicht mehr denn je, die unter Druck nicht funktionierten - genau wie der hin und her gerissene Max, meint die Regisseurin. Aber nicht nur das Seelische, auch die Naturverbundenheit im "Freischütz" will Rebekka Stanzel in ihrer Fassung nicht vernachlässigen.Zu diesem Zweck wird sie sogar einen Wasserfall auf der Bühne installieren. Wenn man sehr nah am Wasserfall säße und wenn sich einer der Geister entschlösse, Schabernack zu treiben, könnte man
sogar einen Spritzer abbekommen.

Von Helmut Peters 14.02.10 "Die Welt"

Feuchtgebiete - Udo Badelt entdeckt das Sinnliche am Wasser

Allen, die Wasser - in gefrorener oder flüssiger Form - auf den Straßen Berlins gründlich satthaben, sei diese Woche ein Besuch im Werner-Otto-Saal des Konzerthauses empfohlen, um sich mit dem nassen Element behutsam wieder anzufreunden. Dort hat man einen Monat lang die Werke des stilistisch äußerst vielseitigen, doch leider weitesgehend vergessenen Österreichers Ernst Krenek (1900 - 1991) vorgestellt. Jetzt findet die Reihe mit der Kurzoper Dark Waters, 2008 erstmals aufgeführt, ihren Abschluss. Regisseur Misha Aster lässt die Darsteller im Wasser waten. Eigentlich gleiten sie in einem Schmugglerboot über einen Fluss im Süden der USA, aber die schützende Hülle de Bootes ist hier ganz verschwunden. Dafür taucht ein Mädchen auf, schillernd und rästselhaft wie der Fluss, und erzählt den Insassen, was diese gern hören. Sie könnte eine ferne Verwandte der Geister sein, die Franz Schubert in seinem Oktett "Gesang der Geister über den Wassern" auftreten lässt. Mit ihm wird der Abend eröffnet, an dessen Ende klar sein dürfte, das Wasser neben den zurzeit gängigen Varianten "Glatteis" und "Schneematsch" auch ganz schön sinnlich und verführerisch sein kann.

Von Udo Badelt 25.02.10 "Berliner Tagesspiegel"

Cantù. "Eno Armonie 2009"
Un’esperienza multisensoriale per avvicinare il mondo
della musica da camera e del vino | EosArte.eu

Domenica 4 ottobre alle ore 18, a Ronchi dei Legionari presso la storica Villa di Blasig, nella Sala degli Affreschi, si esibirà
un gruppo cameristico internazionale, formato dal trio d’archi Lore Schrettner (violino), Markus Berthold (viola) e Frieder
Berthold (violoncello), con la presenza dell’ ottimo baritono berlinese Lars Grünwoldt, di Andrea Rucli (pianforte) e del
critico musicale Alberto Cantù in veste di enorelatore: in programma capolavori cameristici e liederistici di W.A.Mozart,
F.Schubert, G.Mahler, R.Schumann. La parte pianistica sarà sostenuta sul grancoda storico Bösendorfer di Villa Blasig, del
1870 circa. Durante il concerto si degusteranno i vini della Tenuta di Blasig abbinati al programma musicale.
Dal Friulano 2008 al Merlot 2006 fino a Le Lule, un passito da meditazione ottenuto dalla raccolta tardiva di uve di Verduzzo associato al tardo,
iper romantico mondo di Mahler. Si tratta di una nuova forma di spettacolo che punta a una esperienza multisensoriale.
Il compito di armonizzare il vino da degustare e le musiche da ascoltare spetta al noto musicologo Alberto Cantù che getterà
un ponte tra i linguaggi dell’enologo e del critico musicale e condurrà gli spettatori tra due sponde dai paesaggi così diversi.
Sarà il concerto inaugurale di “Enoarmonie 2009 – Rapporti tra la grande musica da camera e i migliori vini della nostra
terra” organizzato dall’Associazione musicale “Sergio Gaggia” con il patrocinio della Regione Friuli Venezia Giulia - un
ciclo di concerti in cui la grande musica da camera è sinestetizzata da notissimi musicologi con i vini di aziende del
territorio. L’ingresso è libero, dalle ore 17.30 e fino ad esaurimento dei posti in sala.

WEIHNACHTSORATORIUM: Lasset die Kindlein kommen…

Stadt- und Kinderkantorei begeisterten

„Jauchzet, frohlocket“: Wenn diese Jubelklänge strahlend funkeln, dann ist Weihnachten nicht mehr weit. Unter Kreiskantor Fred Litwinski begeisterte am Sonntagabend die Stadtkantorei, unterstützt von den Mitgliedern des Motettenchors, mit der traditionellen Aufführung des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach. Mitglieder des Orchesters der Komischen Oper Berlin sorgten für festlichen Klang in der Gotthardtkirche, dem sich Bettina Damus an der Orgel anschloss.
Über der diesjährigen Aufführung des Weihnachtsoratoriums lag ein besonderer Zauber. Der Gesang des Chors klang sehr innig, denn erstmals waren 20 Kinder der Kinderkantorei beteiligt. „Man hat so viel Spaß am Singen, und das Weihnachtsoratorium ist besonders schön“, strahlt Catharina Döring (8), obwohl sie vor dem großen Auftritt ein mulmiges Gefühl gehabt habe. Bei Merle Rosenmüller (9) war das ganz anders: Sie habe nur vor der Generalprobe Lampenfieber gehabt, beim Auftritt selbst sei sie ganz ruhig gewesen. Ihr Bruder Tonda (6) macht lieber ein paar Faxen. Aber nicht nur die Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren gaben der Aufführung besonderen Glanz. Erheblichen Anteil am Erfolg hatten die beiden Sängerinnen Gesine Nowakowski mit ihrem vorzüglichen Koloratursopran und Bettina Denner mit ihrer herrlichen Altstimme, die die Arie „Schlafe mein Liebster, genieße die Ruh“ anrührend und wunderschön gestaltete. Der Tenor Ralph Eschrig brillierte nicht nur in der schwierigen Arie „Frohe Hirten“. Lars Grünwoldt begeisterte mit seinem volltönenden Bass. Besonders ergreifend klang das Duett „Herr, dein Mitleid, dein Erbarmen“, das er zusammen mit der Sopranistin sang. Bach war ein Freund opulenter Musik. Im Weihnachtsoratorium geht es phasenweise lautmalerisch zu. Wer die Augen schließt und sich nur der Musik hingibt, der kann den extremen Stimmungen nachfühlen, denen sich die Menschen damals vor 2000 Jahren ausgesetzt sahen. Man stelle sich vor, was heutzutage passieren würde, wenn plötzlich prächtige Engel in gleißendes Licht getaucht vom Himmel herabschweben würden. Ein Teil der Menschheit würde an einen Werbegag von Ebay glauben, ein anderer Teil würde die Telefone in den Ufo-Meldestellen heißlaufen lassen. Wie müssen da vor 2000 Jahren die einfachen Hirten erschrocken sein, die einsam in dunkler Nacht bei ihren Herden wachten? Wie tröstlich mag ihnen da die Altstimme geklungen haben mit den Worten: „Schließe, mein Herze, dies selige Wunder fest in deinem Glauben ein. Lasse dies Wunder der göttlichen Werke immer zur Stärke deines schwachen Glaubens sein.“

Märkische Allgemeine Zeitung 12/09 (Von Ann Brünink)

Chöre glänzen mit gesungener Freude

Mit einem adventlichen Repertoire an alten und neueren Liedern stimmten die Chöre des Gymnasiums auf die kommende Weihnachtszeit ein.
Das Interesse war offensichtlich groß. Kaum hatte sich am Dienstagabend die Tür von St. Bartholomaei zum Konzert des Musikgymnasiums geöffnet, bildete sich davor auch schon eine lange Schlange und die riss bis Konzertbeginn kaum noch ab. Die Bänke im Mittelschiff, die Seitenemporen voll, selbst die unbeliebteren Plätze im Sicht- und Klangschatten der Pfeiler teilweise besetzt – schon allein vom Zulauf konnten sich die Veranstalter über einen gelungenen Abend freuen. Und was die Schülerinnen und Schüler unter Leitung von Mathias Wieczorek und Constanze Lange dann darboten, trug nicht minder dazu bei. Sie hatten in den vergangenen Monaten ein neues Repertoire mit teils anspruchsvollen Werken einstudiert. Ein würdevolles Programm geistlicher Adventsmusik aus verschiedenen Jahrhunderten, das in sich das widerspiegelte, was Advent ursprünglich bedeutet: die Vorbereitung auf die Ankunft des Erlösers; nicht nur hellen Jubel, sondern vor allem verhaltene Vorfreude, nicht nur ausgelassenes Allegro, sondern auch ruhiges Adagio und immer wieder auch Moll statt Dur. Schon die vom Mädchenchor von der Orgelempore herab gesungene Einführung mit dem alten „Hodie Christus natus est“ stimmte klanglich darauf ein und in Werken wie Reichardts „Heilige Nacht“, Palestrinas „Kyrie“ oder auch Doyles „Non nobis domine“ setzte der Jugendchor das in einfühlsamer Weise fort. Mit Weihnachtsliedern wie dem barocken „Es ist ein Ros entsprungen“, dem amerikanischen „Go, tell it on the mountain“ oder Naumilkats „Vorfreude“ führten der Kinder- und Spatzenchor ins „klassischere“ Liedgut der kommenden Weihnachtszeit. Immer wieder gab es dabei reichen Zwischenapplaus für die jungen Sängerinnen und Sänger. Deren Repertoire, an Orgel und Klavier begleitet von Beate Weißbrodt und Ines Guderle, zeigte aber auch noch andere Neuerungen, ehe es mit einem fast monumental dargebotenen „Kommet ihr Hirten“ endete. So verteilten sich die Mädchen zum „Ave Maria“ im Mittelgang. Bei Felix Mendelssohn Bartholdys „Vom Himmel hoch“ wirkten zudem Musiker und Solisten des Greifswalder Universitätsorchesters mit. Am Ende gab es nicht nur stehenden Applaus von vielen, sondern auch manches lobende Wort. Und auch Constanze Lange als eine der verantwortlichen Lehrerinnen zeigte sich mit ihren Schülern zufrieden. Von den Weihnachtskonzerten seit dem Ausscheiden Christine und Stefan Richters, fand sie, sei dieses das schönste gewesen.

Nordkurier 12/09 (Von Georg Wagner)

Eine spanische Nacht als Auftakt der neuen Saison von „Klassik in Spandau“

Ein fulminanter, mit viel Applaus bedachter Erfolg war das Eröffnungskonzert der Reihe „Klassik in Spandau“ als Spanische Nacht im Center Spandau der Mercedes-Benz-Niederlassung. Die junge Philharmonie Brandenburg spielte Orchestersuiten und Arien aus der Oper „Carmen“ von Georges Bizet, nach einer Pause folgten Szenen und Tänze aus dem Ballett „El sombrero des tres picos“ (Der Dreispitz) von Manuel de Falla, und zum Abschluss erklang der „Boléro“ von Maurice Ravel.
Die jungen Instrumentalisten, sie sind zwischen 13 und 25 Jahren alt, musizierten professionell und mit viel Begeisterung. Die Sänger waren hochkarätige Solisten: Christina Khosrowi sang mit ihrer angenehmen Altstimme den Part der Carmen. Sie hatte ihr Operndebüt noch während ihres Studiums an der Staatsoper Unter den Linden gegeben, an der Seite des Weltstars Christine Schäfer. Christina Khosrowi interpretierte die Arie „Habanera“ sehr ruhig, mit großer, voller Stimme. Diese Trauer um die sinnlose Liebe setzte sie in Mattigkeit um. Die Sopranistin Annabelle Stratenwerth glänzte mit der Arie der Micaela, „Je dis que rien ne m’ épouvante“: Die Sängerin ist in der Region keine Unbekannte, sie gewann den Preis des Internationalen Gesangswettbewerbes der Kammeroper Rheinsberg. Für den erkrankten Stefan Heibach sprang der junge Tenor Yoonki Baek aus Südkorea ein und konnte so mit Christina Khosrowi ein Duett singen. Am Pult stand der Franzose Aurélien Bello, der auch schon das Berliner Konzerthausorchester dirigiert hatte. Die jungen Musiker spielten mit Präzision, nur manchmal gab es leichte Intonationsschwierigkeiten bei den Streichern, ansonsten war der Klang sämig und zuweilen auch temperamentvoll bis dramatisch. Die junge Philharmonie Brandenburg besteht aus begabten jungen Musikern aus Berlin und Brandenburg. Das Ensemble wurde 1992 gegründet, es gewinnt regelmäßig hohe internationale Auszeichnungen, etwa den ersten Preis beim Internationalen Jugendmusikfest in Wien oder den ersten Musikpreis des Landes Brandenburg. Auch Tourneen stehen auf dem Programm, so waren die 65 jungen Instrumentalisten in diesem Jahr in China und Malta, 2010 soll es nach Indien gehen. Das nächste Konzert von „Klassik in Spandau“ findet am 7.November in der Spandauer Kirche Maria am Behnitz statt: Bassbariton Lars Grünwoldt singt dann dort ab 19.30 Uhr vertonte Gedichte von Goethe.

23.10.2009 Von Judith Meisner (Märkische Allgemeine)

Berlino, opera su Emanuela Orlandi

In scena «Der Fall Rigoletto» dedicato alla giovane scomparsa. Riferimenti a Marcinkus e Flavio Carboni

BERLINO - Un Giuseppe Verdi riveduto e corretto alla luce della vicenda di Emanuela Orlandi, l'adolescente cittadina vaticana scomparsa a 15 anni e mezzo nel 1983 a Roma. Si tratta de Der Fall Rigoletto (Il caso Rigoletto), un'opera contemporanea in cartellone da qualche giorno alla Neuköllner Oper di Berlino. La vicenda della giovane è tornata recentemente di attualità dopo le rivelazioni della superteste Sabina Mainardi. Sul palcoscenico berlinese l'opera originale di Giuseppe Verdi si intreccia con l'enigma della scomparsa della giovane cittadina vaticana e la musica della catanese Etta Scollo, che interpreta anche uno dei ruoli principali. «Finché qualcuno racconta la sua storia, Emanuela non sarà dimentica», spiega la musicista. Nei panni di Emanulea Orlandi, si alternano Constanze Morelle e Alexandra Schmidt.

AMBIENTATA IN VATICANO - Dall'ambientazione originaria alla corte di Mantova questo Rigoletto si sposta a a Roma, dentro e fuori le mura del Vaticano. Il padre che non riesce a salvare la figlia, non è il buffone di corte bensì un dipendente dell'amministrazione Vaticana, Ercole Orlandi. Ma il regista Bernhard Gloksin, che ha scritto la sceneggiatura, non si limita al dramma della famiglia Orlandi , ma chiama in causa altri «misteri» italiani, dal fallimento del Banco Ambrosiano alla morte di Roberto Calvi. Così in scena irrompono il vescovo Paul Casimir Marcinkus e il finanziere sardo Flavio Carboni , Enrico Renatino De Pedis, uno dei boss della Banda della Magliana. Alla musica originale e agli adattamenti per l'opera ha partecipato anche Ferdinand von Seebach, da anni attivo collaboratore di Etta Scollo, una musicista che, come a volte accade, è rinomata all'estero e ignorata in casa (ma in dicembre sono previsti dei suoi concerti in Italia). GOMORRA - Der Fall Rigoletto ha debuttato con successo alla Neukollner Opera lo scorso 22 ottobre e le repliche, che andranno avanti fino al 3 gennaio 2010, sono affollate. E chissà se, perla prossima stagione, qualche teatro italiano sarà interessato ad ospitarlo. Peraltro non si tratta del solo spettacolo legato all'attualità italiana in scena in questi giorni a Berlino. Al Maxim Gorki Theater è in cartellone da metà ottobre la versione tedesca di Gomorra di Roberto Saviano con la regia di Peter Kastenümuller. Anche il testo dello scrittore italiano, che anche nella versione cinematografica firmata da Matteo Garrone ebbe un grande successo all'estero, resterà in programma fino al prossimo gennaio. Il pubblico tedesco, evidentemente, apprezza.

Stefania Ulivi - Corriere della Sera, Rom

Fernsehbeitrag RAI Berlino
über die Inszenierung "Der Fall Rigoletto" an der Neuköllner Oper Berlin

Sauberer Klang in allen Episoden

Ensembles und Solisten ließen bei Requiem von Johannes Bahms keine Wünsche offen.
...Mit den Solisten Annegret Seiler (Sopran) und Lars Grünwoldt (Bariton) waren Interpreten gewonnen,
die stimmlich und gestalterisch keine Wünsche offen ließen. Das Thüringische Kammerorchester - Musiker
der Staatskapelle Weimar - war ein zuverlässiger Partner...
Von Thomas Kunath / Mitteldeutsche Zeitung

Schattenspiel: eine Mini-Oper von Schostakowitsch im Konzerthaus

Wenn das Werk großer Komponisten sich durch ambivalente Deutbarkeit auszeichnet, dann ist dieser Abend wohl ein Paradebeispiel dafür. Während beim Musikfest der Diskurs über Dmitri Schostakowitschs Klassizität, über musikalische Entpolitisierung anhält, entwirft „Das Märchen vom Popen und seinem Knecht Balda“ im Werner-Otto-Saal des Konzerthauses ein gänzlich anderes, vom außermusikalischen Weltgeschehen schwer zu trennendes Schostakowitsch-Bild. Den gleichnamigen Animationsfilm hat der Komponist 1933/34 so akribisch vertont, dass er selbst nicht von Filmmusik, sondern von einer „kleinen Oper“ sprach. Die Produktion von Jens Schubbe greift das Werk in Form eines minimalistischen Schattentheaters auf. Kulissen werden nur angedeutet, die Figuren – Symbolfiguren zivilisatorischer Abgründe – werden entsprechend konturlos gezeigt. Sie sind keine individuellen Charaktere, sondern eher gesellschaftliche Stereotype. Die spärliche Ikonografie lässt vor allem der Musik stets genügend Raum. Diesen füllen die Sänger des Lindenquintetts und das Modern Art Ensemble unter der Leitung von Vladimir Stoupel mit Bedacht. Wenn Schostakowitschs Musik folkloristische Vorbilder pervertiert, um gesellschaftliche Normen zu kritisieren, dann klingt das bei Stoupel nicht plakativ, sondern wie ein subtiles Anecken unter dem Deckmantel musikalischer Konventionen. Für die Sänger ist das ein schmaler Grat, auf dem Lars Grünwoldt sich unter den Solisten am sichersten bewegt. Auch farblich sticht sein Bariton neben Gudrun Sidonie Ottos zartem Sopran aus einem mitunter etwas blassen Vokalensemble heraus.

Daniel Wixforth Berliner Tagesspiegel 9.2009

Gute Wahl: Die Solisten Cornelia Wosnitza, Ralph Eschrig und Lars Grünwoldt

„Es werde Licht, und es ward Licht.“ Aus feinstem Piano heraus steigerten sich im großen Mittelschiff der gotischen Marienkirche in Beeskow die Stimmen von 70 Sängerinnen und Sängern zu einer überwältigenden Begeisterung… Bei den Solisten "Der Schöpfung" hatte der Kantor mit dem Tenor Ralph Eschrig und dem Bassbariton Lars Grünwoldt eine sehr gute Wahl getroffen. Während Eschrig besonders bei liedhaft-fließenden Stellen mit einer klassischen Leichtigkeit und Lockerheit zum Tragen kam, konnte Grünwoldt romantisch-schwärmerische Naturbilder darstellen, aber auch dunkle Dramatik entwickeln. Die Dresdnerin Cornelia Wosnitza wiederum bediente mit ihrem weichen, geschmeidigen Sopran das lyrische Element des Werkes. Geradezu herrlich gestalteten sie das Terzett „Der Herr ist groß in seiner Macht, und ewig bleibt sein Ruhm“.

MOZ, 8/2009

Fernsehbeitrag "QINGHAI NEWS"
über das Special Concert Qinghai China 6/2009

Tenor español José Carreras interpretará "Granada" a orillas del Río Amarilli

El tenor español, Josep Carreras, interpretará la canción "Granada" en la meseta Qinghai-Tíbet a orillas del río Amarillo, el quinto más largo del mundo, anunció hoy en Beijing el vicegobernador de la provincia noroccidental china de Qinghai, Jidi Majia. El concierto, bautizado como "El Viaje Musical Internacional de Qinghai sobre Agua y Vida", tendrá lugar el próximo 17 de junio con motivo del Día Mundial de Lucha contra la Desertificación y la Sequía y contará también con la participación de cantantes de fama internacional como la india K.S. Chitra, el alemán Lars Grünwoldt, la estadounidense Krista River y el francés Jean-Francis Monvoisin. Tanto el río Yangtse, el más largo de China y el tercero más largo del mundo, como el río Amarillo, considerado como la cuna de la antigua civilización china, y el río Lancang, conocido como el Mekong y que discurre por Myanmar, Laos, Tailandia, Camboya y Vietnam, nacen en Qinghai.
China aprobó la creación de una Zona de Protección Ambiental de Sanjiangyuan (Origen de los Tres Ríos) de 366 mil kilómetros cuadrados en Qinghai para detener la desertificación del área. En los últimos años, las autoridades de Qinghai han ordenado clausurar minas a lo largo de los tres ríos, subrayó Jidi Majia, quien agregó que el gobierno provincial no establece ningún objetivo de crecimiento del Producto Interior Bruto (PIB) para los 17 distritos que pertenecen a esta zona de protección ambiental. "Queremos que estas zonas se dediquen a la protección del medio ambiente en vez de al desarrollo económico", afirmó Jidi. "El concierto es un símbolo de los esfuerzos que ha hecho el pueblo chino contra la desertificación y la sequía", declaró Jidi Majia, también famoso poeta de la minoría étnica Yi.
Además de la pieza clásica española "Granada", Josep Carreras interpretará la canción folklórica del oeste de China "En un lugar lejano", compuesta por el difunto músico chino Wang Luobin. Otros artistas internacionales interpretarán canciones que rinden homenaje a ríos como el Rin, el Ganges, el Danubio y el Moldava, mientras que la orquesta sinfónica central china representará la sinfonía "Río Amarillo" "Éste es el primer concierto del mundo que se organiza bajo el lema del agua, porque los chinos entendemos que el agua es el origen de la vida", dijo el poeta chino y vicegobernador de Qinghai, Jidi Majia. Fin

18-04-2009, Agencia de Xinhua

Ein Blutsauger wird bejubelt

Richtig gut: Der „Vampyr" der Heidenheimer Opernfestspiele
Großer Jubel und viele anerkennende Kommentare nach der Premiere am Samstag. Mit Recht, denn Heidenheims Junge Oper hat mit „Vampire beißen nicht (immer)!“ ein ganz starkes Stück vorgelegt. Spannend, interessant, engagiert und vor allen Dingen immer nachvollziehbar erzählt Oliver von Fürichs fesselnde Bearbeitung von Heinrich Marschners „Oper“ zunächst einmal deren Geschichte. Darüber hinaus aber gelingt es von Fürich auch, die Quintessenz des Marschner'schen Opus in einer geschickt gestrickten Rahmenhandlung nicht nur herauszuarbeiten, sondern sie, noch viel besser, wie selbstverständlich in ihr aufgehen zu lassen.
Als Glücksfall erwies sich auch die Wahl des Ortes. In der Torhalle von Schloss Hellenstein gedeiht die Vampirgeschichte nicht nur atmosphärisch und optisch gleich noch mal so schön und kann – von der Licht-AG des Hellenstein-Gymnasiums – zudem noch effektvoll illuminiert werden. In der Torhalle von Schloss Hellenstein sind auch die akustischen Verhältnisse nicht nur überraschend gut, sondern sogar ganz ausgezeichnet.
Was selbstverständlich zuallererst der Sängerin und den beiden Sängern zugute kommt. Denn gesungen wird viel.
Und gut obendrein. Lars Grünwoldt orgelt den Vampir Lord Ruthven bedrohlich und baritonal comme il faut. Stephanie Forsblads Sopran hat Kraft und Farbe gleich für drei vom Blutsauger gejagte Jungfrauen. Und Michael Siemons Tenor scheint auf einem guten Wege, dereinst einmal im Heldenfach anzukommen.
Das hört sich alles prima an, auch was Nico A. Stabel als musikalischer Leiter und Ein-Mann-Band dazu aus seinem Klavier holt.
Ganz tolle Sache, es gibt zwar kaum noch Karten, aber hoffentlich noch ein paar Zusatztermine!

Manfred F. Kubiak

Mitfühlen und mitleiden

OFFENBURG.
Respekt! Da kann man nur empfehlen: hingehen, mitfühlen, mitleiden.
Zweimal noch besteht dazu Gelegenheit. Wer bei der Premiere am Sonntagabend in der Oberrheinhalle nicht dabei war, sollte sie nutzen. Nach "La Luna" im Jahr 2000 gibt es erneut eine Offenburger Opernproduktion von Musikschule, Philharmonie am Forum und dem Kulturbüro. Diesmal haben sich die Akteure Dvoràks "Rusalka" vorgenommen und damit ins Schwarze getroffen.
Regisseurin Ursula Bengel wollte so richtig große Oper machen. Das ist ihr zweifelsohne gelungen. Ihr und ihren Mitstreitern, allen voran dem musikalischen Leiter Rolf Schilli, der mit seinem Orchester den ausgesprochen anspruchsvollen Part erfolgreich meisterte und dabei vor allem in Sachen Dynamik und Tempo aufhorchen ließ. Spätromantischer Tonzauber und liedhafte Beweglichkeit schufen ein ungemein dichtes und ergreifendes Klangbild. Die Hauptrollen sind allesamt erstklassig besetzt, von der stimmgewaltigen Rusalka (Catrin Kirchner) und den nuancenreichen Prinzen (Sergey Aksenov) über die Hexe Jezibaba (Dora Kutschi-Doceva) und Rusalkas Nebenbuhlerin, die Fürstin (Michaela Breth) hin zum beschwichtigenden Wassermann (Tye Thomas), dem aufgeregten Jäger (Lars Grünwoldt) sowie dem emsigen Küchenjungen (Claudia Ullmann). Dass die Inhalte mitunter schwer zu verstehen waren, die Akustik einer klaren Artikulation ihre Grenzen aufwies – das war einziger nennenswerter Abstrich, der zu machen war.
Die erst 17-jährige Julia Vogel aus Kehl schwebte als federleichtes weißes Reh biegsam, elegant und anmutig über die Bühne und verwies gleich zu Beginn auf den symbolischen Gehalt. Denn das lyrische Märchen in drei Akten, 1901 in Prag uraufgeführt, hat Regisseurin Bengel behutsam auf die immer währenden Konstanten des Menschseins reduziert. Die wirbelnde Festszene in der Mitte des Stücks ließ quirliges Leben erahnen – Choreografin Wiebke Thomae baute einen herrlich anzusehenden Tanz in die ansonsten sehr zurückgenommene Bühnenhandlung ein. Bengel setzte auf die Devise "weniger ist mehr", auf dass nichts vom Kern ablenken möge, dem Dualismus von Gefühl und Verstand, von Durchschaubarkeit und Rätsel, von Seelentiefe und Kalkül. Die in den Prinzen verliebte Nixe Rusalka sehnt sich nach Menschengestalt, um dem Geliebten nahe zu sein. Doch der Preis ist hoch: Für die Menschen muss sie stumm bleiben. Und wenn der Prinz ihr untreu werde, müsse sie ihn töten: Mit dieser Auflage erfüllt die Hexe den Wunsch Rusalkas, die der Kraft ihrer Liebe vertraut. Für Atmosphäre sorgen die mit Projektoren an die Stellwände der Guckkastenbühne geworfenen bewegten Bilder. Ob flirrende Wasseroberfläche oder eine unheimlich anmutende Waldszenerie, ob schillernde Korallenriffs oder abstrakte Formen: Mehr an Kulisse bedarf es nicht. Alles Übrige übernehmen die Sängerinnen und Sänger in ihren farblich sehr zurückhaltenden, klassisch-modernen Kostümen (Olga Knack und Ramona Wald kümmerten sich ums Design). Kein Zierrat, nichts Überbordendes: Hier geht es ums Wesentliche.

Riesenbeifall und viele, viele Blumen für die Beteiligten. Und Vorfreude auf den 2. und 3. Mai.

3.4.09 Die Woche der Bohème in Berlin
Als die Bohème noch nicht beim Sozialamt saß, sondern in den Cafés am Montmartre, war sie tatsächlich so etwas wie die artistische Speerspitze der Gesellschaft. Seit der Zeit Balzacs spielte sich das Pariser Kunstleben im Kaffeehaus ab, und Mitte des 19. Jahrhunderts huldigte Henri Murger dem bunt gemischten Völkchen mit seinen "Szenen aus dem Leben der Bohème". Puccini vertonte den Roman 1896, Leoncavallo ein Jahr später. Damals wusste noch jeder, was unter diesem Namen zu verstehen ist. Aber heute? Ein paar Alt-68er und BaföG-Studenten, dazu staatlich alimentierte Lebenskünstler, auch Postpunks und schwarze Gothik-Gestalten: Das ist die Bohème unserer Tage. Ihre künstlerische Relevanz muss als begrenzt bezeichnet werden. Was sollen wir, bitteschön, anno 2008 mit Puccini anfangen? Die Frage hat sich auch Rainer Holzapfel gestellt. Der Schüler von Götz Friedrich inszeniert "La Bohème" an der Neuköllner Oper, Deutschlands verrücktestem Musiktempel. Und ist selbstverständlich weit davon entfernt, nur eine stimmungsvolle, rührselige Geschichte auf die Bühne zu bringen. "Museum interessiert mich nicht", sagt Holzapfel, "mich interessiert das Hier und Jetzt." Aber von vordergründiger Aktualisierung hält er sich fern. Seine "Bohème" kann ebenso gut 1850 wie 2008 spielen, denn sie erfindet eine ganz neue psychologische Konstellation: Die vier Hauptakteure, also Mimi, Rudolphe, Musette und Marcel sind ältere Leutchen, ehemalige Sänger, die sich noch einmal an ihre großen Rolle erinnern, nämlich an Mimi, Rudolphe, Musette und Marcel. "Die Erinnerung an ihre Bohème-Partien ist noch sehr stark, sie haben sie nie verloren", berichtet Holzapfel: "so dass Figur und Darsteller letztlich eins werden." Die Grauen Panther der Bohème - ein ungewöhnlicher und wohl auch tragfähiger Einfall, der eine zweite Zuspitzung erfährt: die Senioren des Stückes, der Vermieter und der ältere Liebhaber, werden durch junge Darsteller verkörpert. Am Libretto selbst wurde nicht viel gestrichen, es gibt auch keine Zusätze und die Musik ist zu 80 Prozent reiner Puccini. Nur dass eben Mimis eiskaltes Händchen hier eher mit Durchblutungsstörungen zu tun haben dürfte als mit Tuberkulose.
Auch Andreas Homoki, der "La Bohème" an seiner Komischen Oper inszeniert, meidet banale Aktualisierung. Er fügt aber genauso wie Holzapfel eine zweite Zeitdimension ein. Bei ihm sind am Ende der Oper Rudolphe und Marcel arrivierte Künstler, während die Frauen, Mimi und Musette, komplett auf der Strecke bleiben. Damit verdeutlicht Homoki die im Stück angelegte Rollenverteilung und zugleich zwei unterschiedliche Typen von Bohémiens. "Die Männer sind intelligent, clever, gebildet, das heißt ihre Armut ist selbst gewählt, weil sie sich bewusst für Opposition, für ihre Außenseiterposition entschieden haben. Ihre Situation entspringt ihrer Haltung und ihrem Künstlertum. Bei den Mädchen ist das grundlegend anders: Sie kommen aus der Unterschicht." In der Behrenstraße besteht die Bühne größtenteils nur aus Requisiten und Symbolen. Völlig ausreichend, um den Traum der Bohème sichtbar und hörbar zu machen. "Jeder würde doch gern so leben, es hat etwas von Bedingungslosigkeit und Freiheit", meint Homoki. Jeder noch so konforme Karrierist und jeder Harz-IV-Empfänger, so vermuten wir, hat das Zeug zum Bohémien, kann die Normierung durch den bürgerlichen Alltag überwinden. Leider nur im Traum. Oder in der Oper. Was oft genug dasselbe ist, mal romantisch und mal utopisch getönt. Die unmittelbar bevorstehende Bohémisierung Berlins ist weder zu befürchten noch zu erhoffen.

Die Dirigentin Kristiina Poska schmeißt den Laden mit Verve und Witz. Tobias Schwencke hat Puccinis Partitur behutsam umgearbeitet - Wiedererkennung garantiert.
Die Bühne ist ein Wohnzimmer, um das sich die Stuhlreihen wie in einem Amphitheater erheben. Strahlende Sieger des Abends: die Akteure.
Sie meistern allesamt die stimmlichen Anforderungen höchst achtbar, streckenweise glänzend...

Von Volker Tarnow Berliner Morgenpost 04/2009

9.12.08 Festkonzert mit Pauken und Trompetenschall
JUBILÄUM Zum 275. Geburtstag von Neustrelitz bot Hans-Joachim Fiedler eine musikalische Huldigung.
NEUSTRELITZ Hans-Joachim Fiedler, eine Neustrelitzer „Institution“ der schon selten gewordenen Art, hatte als Organisator des Ganzen, Leiter des Konzertchores Neustrelitz und Dirigent des extra zusammengestellten Orchesters alle Fäden in der Hand – und neben den Mühen hinsichtlich des Besorgens von Notenmaterial, seiner komplizierten musikpraktischen Einrichtung und eigentlicher Probenarbeit wohl auch das sprichwörtliche glückliche Händchen. Das Konzert jedenfalls bot Erfreuliches, ja Erstaunliches. Dazu gehörten zum einen die mit zwei Oboen, drei Trompeten, Pauken und Streichern klangprächtig besetzten zwei Intraden (Sinfonien) des Neustrelitzer Hofkapellen-Konzertmeisters Johann Christian Hertel (1697–1754), vor allem aber drei instrumental gleich besetzte und mit Soli wie Chören ausgestattete Advents beziehungsweise Weihnachtskantaten des Dresdner Kreuzkantors Gottfried August Homilius (1714–1785). Für jeden Nichtfachmann dürften das Neuentdeckungen eines Meisters gewesen sein, den die Zeitgenossen als bedeutendsten protestantischen Kirchenkomponisten schätzten. Und dies – wie zu hören war – sicher zu Recht! Vielleicht war es der in dieser Musik so deutliche, energiegeladene Ausdruckswille, der den Konzertchor Neustrelitz zu einer bemerkenswerten Leistung beflügelte. Am wichtigsten wohl die offensichtliche Begeisterung, mit der man die temporeichen, forschen und kraftvollen Chöre – auch Choräle – meisterte. Hier hat man sich von großer, ausdrucksstarker Musik inspirieren – und den Saal direkt daran teilhaben lassen. Dies alles also aller Ehren – und allen Beifalls wert. Letzteren gab es reichlich auch für die ausdrucksstarken Darlene Dobisch (Sopran) und Lars Grünwoldt (Bassbariton), für das so anspruchsvoll wie viel beschäftigte Orchester und den rechtens zufriedenen „Chef“ Hans-Joachim.

Von Ekkehard Ochs Nordkurrier 11/2008

26.11.2008 Bass-Bariton Lars Grünwoldt brillierte - Konzert im Kunstverein Naumburg
Goethe und seine Lied-Komponisten
Der Naumburger Kunstsalon und die Goethe-Gesellschaft Naumburg veranstalten in der Gedenkstätte "Anny Schäfer und Fritz Rentsch" den Abend "Goethe und die Musik - Vertonungen von Gedichten Goethes durch Zeitgenossen".
So begrüßte Frau Sobott als stellvertretende Vorsitzende der Gesellschaft die Zuhörer im ausverkauften Haus.
Mit nuancenreichem Vortrag wertete er die hetzenden und charakteristischen Klaviertriolen der rechten Hand mit ihren düsteren Basstönen in der Begleitung als einen "Eingriff" in die Dichtung, die er von Zelter nicht gewohnt war? Er, der im Versfuß das hastend dahingaloppierende Pferd darzustellen versuchte. Schubert hat das nicht negieren wollen, sondern in "jeder seiner Liedkompositionen ist ein Gedicht über ein Gedicht, das er in Musik setzt" (Spaun). Aus dem Liedschaffen Schuberts hörten wir als Höhepunkt "Der Sänger", "Prometheus", "Der Musensohn", "Wanderers Nachtlied II", "Der Fischer" und den "Erlkönig".
Lars Grünwoldt, der an verschiedenen Musikhochschulen studierte und Meisterkurse bei Dietrich Fischer-Dieskau, Thomas Quasthoff und Tom Krause besuchte, überzeugte in all seinen Darbietungen. Durch sein großes stimmliches Ausdrucksspektrum und feiner Nuancierung der vorgetragenen Lieder fand er begeisterte Zuhörer. Dabei ist es nicht leicht, die musikalischen Besonderheiten so vieler Komponisten gut erkennbar und stilgetreu vorzutragen. Ihm gelang das in hervorragender Weise, unterstützt von der einfühlsamen wie sicheren und ausdrucksstarken Begleitung am Flügel durch Marek Bobéth, der darüber hinaus mit Hinweisen auf der Entstehung der Lieder und Goethe einging. Alle Besucher bedankten sich mit reichlich Applaus für einen wunderschönen und gelungenen Liederabend, der mit dem "Heidenröslein" als Zugabe belohnt wurde.

Von Otto Democh Naumburger Tageblatt 11/2008

Imposante Aufführung des "ELIAS"
Kantor Markus Nitt hob bei Mendelssohns Oratorium die dramatischen Elemente hervor

Felix Mendelssohn Bartholdy hat in der Geschichte des Propheten Elias den Konflikt zwischen dem altestamentarischen Gott Jahwe und dem Baal-Kult und die daraus für das Königreich Israel resultierenden gesellschaftspolitischen Dimensionen in großartige Musik gegossen.
Kantor Markus Nitt trieb in der Aufführung dieses Werkes am Sonntag in der Banter Kirche diesen Konflikt dramatisch auf die Spitze. Seine Chöre boten in einer sich schlüssigen, sehr auf extreme Leidenschaften und gewaltige Ausbrüche angelegten Interpretation eine kompakte Leistung...
Die Solisten des Konzertes päsentierten sich indes am Sonntag mit unterschiedlichen Ansätzen...
Klar auf der Nitt-Linie agierte Lars Grünwoldt. Der junge Basist stemmte die riesige Partie des Elias ohne Substanzverlust - mit ausgeglichener Stimme sowohl in bassiger Tiefe und als auch baritonaler Höhe.
...Durchweg gut ausbalanciert waren die Quartette der Solisten....Die Elias-Aufführung war für die Zuhörer ein Erlebnis; und die heftigen Beifallsbekundigungen für die Mitwirkenden der Beleg dafür, dass sie etwas Besonderes geleistet haben.

Wilhelmshavener Zeitung 7/2008 Norbert CZYZ

Lockendes Mädchen über dunklem Wasser "Dark Water" von Ernst Krenek im Konzerthaus

...Inszeniert wurde "Dark Water" von Misha Aster, dem Autor der "Das Reichsorchester" betitelten Geschichte der Berliner Philharmoniker im Dritten Reich...
..."Vom Himmel kommt es, zum Himmel steigt es" - das genügte Goethe, um zu behaupten, dass des Menschen Seele dem Wasser gleiche. Schuberts gewaltig ausgreifende und im tiefen Klang der acht Männerstimmen, die wie Gralsritter durch das Wasser schreiten, geradezu mystische Verklanglichung dieses Textes lädt damit vorab das Bühnenzeichen mit Bedeutung auf. Der geschmackvollen Inszenierung entspricht geschmackvoller Gesang. Nicholas Isherwood und Elisabeth Umierski geben Joe und Claire prägnante Farben. Christoph Schröter als liebender Phil bleibt etwas blass. Olivia Stahn spielt das Mädchen unberechenbarer als sie es mit heller, sicherer Stimme singt. Sascha Borris und Ben Schnitzer als Gauner sowie Lars Grünwoldt als Offizier sorgen für komödiantische Momente und können sie auch singend vermitteln.

Berliner Zeitung 09/2008 Peter Uehling

Weltenbummler unterrichtet Gesang

Ab September 2008 wird Bariton Lars Grünwoldt interessierten Kindern und Erwachsenen 14-tägig Gesangsunterricht erteilen.

Er hat bereits auf vielen Bühnen in Europa gesungen. Doch wo Lars Grünwoldt seine familären und musikalischen Wurzeln hat, das hat der Sänger trotz seiner Weltenbummlerei nie vergessen. Gerade erst vor wenigen Tagen gastierte der in Berlin lebende Malchiner mit dem Rimsky-Korsakow-Quartett aus St. Petersburg in St. Johannis. Doch das scheint ihm an Heimatverbundenheit noch nicht auszureichen. Ab September wird er an der Malchiner Regionalmusikschule regelmässig Gesangsunterricht geben. "Es war schon immer mein großer Wunsch, etwas von dem zurückzugeben, was ich vor vielen Jahren an dieser Schule gelernt habe. Und ich freue mich, dass meine langjährige Mentorin Karin Knöfel, die mich als Kind und Jugendlicher in den Fächern Klavier und Gesang unterrichtete, mir diese schöne Möglichkeit bietet", sagt Grünwoldt. Zu der Ausbildung gehört u.a. die richtige Atmung, der Umgang mit der Stimme und die gesangliche Umsetzung von Emotionen. Gut vorstellen kann sich Grünwoldt, mit seinen Schülern nach einem Abschnitt der Ausbildung ein Musical oder eine Oper aufzuführen.

Thomas Koch Nordkurier 9/2008

Radiobeitrag NDR1 Kultur Bariton unterrichtet in seiner Heimatstadt 12/2008

Fernsehbeitrag NDR1 Kultur Bariton unterrichtet in seiner Heimatstadt 12/2008

26.07.2008 BAD SÄCKINGEN: Ein Draufgänger mit keckem Mut

Nachdem die Festspielgemeinde im letzten Jahr das Stück nach dem Versepos von Victor von Scheffel an gleicher Stelle aufgeführt hat, kann man zum Abschluss der diesjährigen Trompetertage wieder einmal die Oper von Viktor Ernst Nessler am historischen Schauplatz vor malerischer Kulisse hören. Das Berliner Ensemble, das sich auf diese im 19. Jahrhundert sehr beliebte, dann aber vergessene Oper spezialisiert hat, schuf eine stark gekürzte Kammerversion.
"Nicht jeder küsst so süß wie ein Trompeter" - glaubhaft, wenn man den Bariton Lars Grünwoldt als Werner Kirchhofer im Liebesduett mit Maria von Schönau sieht. Dieser Schlosstrompeter ist ein richtiger Draufgänger und Beau, "mit jungem Blut, frischem Sinn und keckem Mut", ein Jung-Werner mit kerniger Stimme. Die Frau am Klavier, Christine Schulz-Wittan, ist die "Staatskapelle Berlin" in Personalunion. Und natürlich auch das beliebte "Behüt' dich Gott", jener romantische Welthit, den Lars Grünwoldt überhaupt nicht sentimental singt. Nach der Pause ruft die Trompete das Publikum wieder auf die Plätze - das ist schon ein Hauch von Bayreuther Festspielen.

Suedkurier VON JüRGEN SCHARF

26.07.2008 BAD SÄCKINGEN: Ohne Staub und rotsamtenen Umhang
Das Berliner Ensemble präsentiert einen unkonventionellen Trompeter von Säckingen

Selbst das Happy End wie aus dem Bilderbuch wird mit Humor serviert:
Da posiert die gräfliche Gesellschaft samt glücklichem Liebespaar vor dem Schloss wie in einem Bilderrahmen. Allen voran begeistert der Bariton Lars Grünwoldt in der Titelrolle, der einen stattlichen, gut aussehenden lockenköpfigen Trompeter Werner abgibt und mit verführerisch wohltönendem, warmem und kernigem Timbre singt. Überzeugend mimt der Sänger den träumerischen, schwärmerischen, draufgängerischen Titelhelden, der "mit frischem Blut und keckem Mut" für seine Liebe kämpft. Sehr gefühlvoll, aber ohne falsche Sentimentalität, singt er das populäre Trompeterlied "Behüt dich Gott" in der wehmütigen Abschiedsszene.

Badische Zeitung Von ROSWITHA FREY

Streichquartett aus Sankt Petersburg brilliert

Ein erlesenes musikalisches Erlebnis wurde den Freunden zeitgenössischer Kammermusik kürzlich vom Verein der Strelitzer Musikfreunde in der Orangerie Neustrelitz geboten:
Das Gastspiel des international gefragten Rimsky-Korsakow-Quartetts aus St. Petersburg mit Michail Bondarev (Violine), Jekaterina Belisova (Violine), Alexey Popov (Viola) und Stanislav Lyamin (Violincello), sowie dem Barion Lars Grünwoldt. In dem fast zweistündigen Konzert erklangen Stücke u.a. von Glasunow, Blumenfeld, Borodin und Sokolov. Die Besucher honorierten das brillante Konzert des 1939 gegründeten Quartetts mit starkem Beifall.

Nordkurier 18.06.2008

Radiobeitrag NDR1 Kultur Eröffnungskonzert 14.6.2008

Opernfestspiele Heidenheim: Starke Inszenierung: Der Freischütz hatte Premiere
…Der klangmächtige Bass Lars Grünwoldt (Kaspar) und Valentina Penninos geradezu seraphischer Sopran stachen elegant hervor… © Heidenheimer Zeitung 5/2008 Annika Behounek


Zum Abschluss noch ein Glanz - Musikfesttage enden mit „Matthäus-Passion“
Frankfurt - Voll bitterer Klage und tränenreichem Abschiedslamento klingt Johann Sebastian Bachs „Matthäus-Passion“ BWV 244. Sie dennoch zum festlichen Abschluss der stilistisch vielfältigen, zahlenmäßig überaus erfolgreich verlaufenden „Musikfesttage an der Oder“ am Sonntag in der fast bis zum letzten Platz ausverkauften Konzerthalle aufgeführt zu haben, war mehr als passend - schließlich steht Ostern vor der Tür. Und da hat die musikalische Beschreibung vom Leiden und Sterben Jesu ihren angemessenen Platz. Wegen ihrer Dramatik wird sie gern als des Thomaskantors „Kirchenoper“ bezeichnet. Die Deutung von Rudolf Tiersch, verwirklicht von der Singakademie Frankfurt, dem Concerto Brandenburg und einem Deutsch-Polnischen Solistensextett, orientierte sich daran. Sie war episch breit, dramatisch wo nötig, kontrastbetont in den Gefühlsstimmungen, von Klarheit und protestantischer Gradlinigkeit geprägt. Dabei gelang es dem Dirigenten die verschiedenen Textebenen deutlich voneinander zu unterscheiden, ihre Eigentümlichkeiten zu betonen und gleichwohl zu einem stimmigen Ganzen zu verbinden. Das Concerto Brandenburg musizierte in spannungsreicher, affektversierter, historischer Spielmanier und sorgte so für einen geschärften, straff phrasierten, am Original orientierten Klang. Ihm versuchten auch die Chorsänger zu entsprechen: gestaltungsintensiv trugen sie Eingangs- wie Schlusschor vor, innerlich bewegt und vergleichsweise zügig die empfindungs-reflektierenden Choräle, packend und voller Intensität die Kommentare des Volkes. Dadurch formten sich die Szenen von Jesu Verhaftung und Geißelung zu chorischen und orchestralen Höhepunkten. Den anspruchsvollen Part des Evangelisten als Chronist des Geschehens trug Eric Stokloßa tenorwohltönend, textverständlich, fast opernlyrisch vor. Für Jesu Worte war Lars Grünwoldt (Bass) zuständig, der sie in natürlicher Diktion und uniformer Stimmfarbe sang. In den Arien teilten sich Bozena Harasimowicz-Haas (mit beseeltem, instrumental geführtem Sopran), Ewa Marciniec (mit schroffem Alt, der die Seele weitgehend unbeteiligt ließ), Daniel Sans (ein kultivierter, ausdrucksbewegter Tenorlyriker) und Daniel Blumenschein (Bariton). Insgesamt eine berührende Aufführung. Zahlenmäßig können sich die Veranstalter sich über relativ gut besuchte Konzerte freuen - insgesamt kamen mit 5350 Zuhörern knapp 500 Besucher mehr als im Vorjahr. Lauscht man den Gesprächen in der Konzertpause fällt auf, dass die neuen Crossover-Offerten bei einem Teil des Publikums auf wenig Zustimmung stießen. Diese sehen in den Musikfesttagen noch immer die „Frankfurter Festtage der Musik“ und haben wenig Lust auf das Überschreiten von Stil- und Gattungsgrenzen. Andrerseits wurden „junge Klänge“, wie das Doppelkonzert Nylon/Sofa in Slubice gut angenommen. Vielleicht sollte man sich nach diesem Probelauf unter neuer Leitung ganz einfach freuen, dass für alle etwas dabei war - und gespannt sein auf das Konzept für die nächsten Musikfesttage

© Märkische Allgemeine - Zeitung 3/2008 Peter Buske

Opernfestspiele Heidenheim - Der Kaspar gibt den Valentin - Zum Auftakt ein buchstäblich glänzendes Finale für Mitwirkende der zwei „Freischütz“- Produktionen. Wieder einmal „Der Freischütz“. Mitwirkende beider Produktionen – der der Opernfestspiele und der der Jungen Oper Heidenheim – haben sich jetzt präsentiert, in den „Schloss-Arkaden“. Oper und Kunstlied:
Auch Stephanie Forsblad (Sopran) erlebt man sozusagen in einer Gegenüberstellung von Oper und Kunstlied – als Marzelline aus Ludwig van Beethovens „Fidelio“ und mit Franz Schuberts „Gretchen am Spinnrad“– und lernt bei letzterem ihre stimmfarbliche Affinität zur melancholisch-dunklen Dimension der Romantik schätzen. Lars Grünwoldt, der als Kaspar eine Basspartie hat, stellt sich vor in einer Baritonrolle: als Valentin aus Charles Gounods Oper „Faust (Margarete)“. Auch im Kunstlied, bei „Ein Ständchen Euch zu bringen“ aus Hugo Wolfs „Italienischem Liederbuch“ und Schuberts „Der Sänger“, ist Grünwoldt Darsteller durch und durch: gewandt, ausdrucksvoll und charismatisch.

© Gmünder Tagespost 1/2008 Peter A. Zdansky

Mit einem eindrucksvollen Liederabend im Jagdschloss Granitz erlebte das erste Kunstfest Rügen am Freitagabend einen letzten Höhepunkt.
Als erstklassiger Interpret des Liederzyklusses von Franz Schubert zog der Bariton Lars Grünwoldt das Publikum in seinen Bann. In starken Bildern nach Texten von Wilhelm Müller, der auch Rügen bereist hat, entführten Grünwoldt und der Berliner Pianist Hendrik Heilmann die Gäste aus dem Rügener Herbst hinaus in die Winterlandschaft und in die zerrissene Seele eines jungen Wanderburschen.

© Ostseezeitung 10/2007

Der Blick in die Leere
Experimentelles Musiktheater in Gelsenkirchen
Michael v. zur Mühlen inszeniert die Uraufführung von Lucia Ronchettis "Der Sonne entgegen" - ausgewählt aus 40 internationalen Bewerbungen

Die Stimmung in der Fußball-Stadt ist nicht gut. Schöne Aussicht dagegen im Gelsenkirchener Musiktheater im Revier: Eine Düne deutet sich an, hinter der später ein Eisberg auf- und vorbeizieht. Eine bildhübsche Sopranistin, (Ruth Rosenfeld) dreht vorn auf dem Strand Pirouetten, als wäre sie jenes totgeschossene Häschen, das auf der Sandbank Schlittschuh lief - als es dunkel war und der Mond helle schien. Mehrfach stürzt sie und steht wieder auf. Auch des Weiteren geht es um Annäherung an Paradoxien. Eine Alte im Campingstuhl sticht mit dem Feldstecher in See:
"Auf dem Wasser treibt ein Schuh". Vielleicht glotzt die Seniorin, die ihr Gesicht später schwarz eincremt, aber auch nur in die heranrollenden Wellen und kann dort nicht wirklich die Spuren eines Unfalls oder von Umweltsünden erkennen. "Nicht ertrunken?" Möglicherweise aber doch: Treibgut, wie es in den letzten Jahren gerade an den Außengrenzen Europas zunehmend angespült wurde. Wir werden es nicht erfahren. Jedenfalls an diesem Abend nicht. Die zu Gehör kommenden Text-Partikel bleiben zusammenhanglos oder unbestimmt – mit Ausnahme einer später eingeblendeten todernsten Parodie auf die alltäglichen Fernseh- Gesprächsrunden mit Experten zum "Kosmo-Patriotismus" und dem auf der Antarktis vertraglich vereinbarten Multi-Nationalismus als Modell für die künftige Gestaltung der "Weltgemeinschaft". Selbst diese heiter-böse Fortspinnung des Talks unter den Fittichen von Stewardessen wie Sabine Christiansen oder Anne Will wird auch nur so partiell verständlich, dass sich weder eine simple "Geschichte" mitteilt noch gar geschichtlicher Zusammenhang. Keine Botschaft. Nirgends. Rechts vor der mattgrauen Plane, die in der weiten Breite voll aufgerissen ist, ist einer gestrandet. Vielleicht einer aus der Ferne. Oder ganz in der Nähe von Hartz IV ausgespuckt. Er hantiert mit einer Taschenlampe, als wolle er sich erleuchten oder wenigstens orientieren. Er zittert (obwohl es, wie die leichte Strand- oder Badekleidung der anderen verrät, gut warm sein müsste). Vielleicht ist er noch unterkühlt von der Anreise aus einem anderen Kulturkreis oder der letzten Betäubung. Aus dem Klang-Graffiti, mit dem Lucia Ronchetti die erste Szene von "Der Sonne entgegen" hinterlegte, schälen sich nur einzelne Sätze - dann allerdings mit weitreichenden Bedeutungsfolgen: "Die Gegenwart ist angekommen".
Das ist fürwahr so vieldeutig wie manches ironisch oder sarkastisch gemeint sein dürfte: "Die Macht hat kein Interesse an der Zukunft". Eine akustische Welle baut sich bedrohlich auf, kommt nahe, eskaliert - und fegt den Strand leer. Dann wieder viel Stille. Sie ist, wie die Entfernungen oder die jeweilige Nähe, aus denen Geräusch und Ton sich erheben, wohl sehr genau dosiert.
Der Verzicht aufs Narrative war ebenso wie der auf eingängige musikalische Zusammenhänge vollauf beabsichtigt. Die Anbieter des neuen "Projekts" am Musiktheater im Revier waren mit der Absicht angetreten, sich - gestützt auf Musik - mit "Migration, Deterritorialisierung und Wanderung" auseinander setzen bzw. dieses Themenfeld "in seiner Vielschichtigkeit, Brüchigkeit und Brutalität" zu kommentieren. Dass die entfernten Nachfahren der engagierten Künstler der 1920er Jahre, die der Enkelgeneration von Autoren wie Peter Weiss, Heiner Müller oder des jungen Hans Magnus Enzensberger angehören, gerade auch bei einer solchen Themenvorgabe nicht mehr mit deren Mittel und Intonationen liegt auf der Hand. So galt es für die 1979 in Berlin geborene Jugend-Autorin Steffi Hensel, den aus Köln stammenden Berliner Regisseur Michael von zur Mühlen (gleicher Jahrgang) und die römische Komponistin Ronchetti (geboren 1963), "Grenzgebiete" auszuloten "und die besondere Stimmung, die von ihnen ausgeht".
Das hat dann - in Bild und Ton - waidlich stattgefunden. Ronchettis Episoden integrieren mancherlei Material aus der Musikgeschichte, angefangen von der Madrigalkunst der Monteverdi-Zeit und dem noch viel älteren Adventslied "Mit Ernst, o Menschenkinder, das Herz in euch bestellt" bis zu Wagner- und Verdi-Assoziationen oder Gustav Mahlers "Himmlischem Frieden".
Eine martialisch ausstaffierte junge Frau läuft Amok und erschießt sich dann selbst. Die Schlittschuhläuferin kehrt als running gag wieder und sucht, wie Sokrates, Menschen. Mit der Stablampe. Ein vorzügliches Bläserquintett aus der musikFabrik NRW meldet sich aus der Ferne, umzingelt das Auditorium, rückt näher und rottet sich schließlich vor der Bühne zusammen. Auf der erhebt sich, zur Verheißung "mors stupebit", ein gewaltiger Tutti-Aufschrei. Große Klage der vierzehn Sänger, die demonstrieren, welche Kraft in ihnen und der Komponistin steckt.
Dem Thema der Migration ist das von Anne Hölck fantastisch bebilderte, von Michael v. zur Mühlen anspielungsreich und mitunter raffiniert inszenierte "Projekt" nicht zum Greifen nahe
gekommen. Stimmungen und Befindlichkeiten, Ängste und den trostlosen Blick in die Leere aber hat es auf bemerkenswerte Weise sichtbar gemacht. Vor allem auch hörbar.

© taz 5/2007 Frieder Reininghaus


Eine anrührende Aufführung der Johannes-Passion am Palmsonntag
…beeindruckend die Lösung, die Bräutigam für die Arie mit Chor Nr. 48 gefunden hatte.
Die Fragen "Wohin?" wirkten durch das stimmgewaltig agierende Solistenterzett nicht wie gewohnt unsicher und suchend, sondern eher verzweifelt und ratlos. Dem Bassisten Lars Grünwoldt (Berlin) gelang hier eine der ergreifendsten, mitreißendsten Interpretationen des gesamten Werkes, bei der auch dem Publikum der Atem zu stocken schien...

© Mitteldeutsche Zeitung 4/2007

Schauerliche Reise in den Winter einer versagten Liebe - Romantisches Konzert im Jagdschloss Hütten / Franz Schuberts Liederzyklus aufgeführt: Das traf genau. Just an dem Wochenende, an dem der Winter in Rostock einzog, fand im Jagdschloss Hütten bei Parkentin ein Konzert mit Schuberts Liederzyklus "Die Winterreise" statt. Draußen schneebestäubt der Hütter Wohldt und die Klostereiche eisbedeckt, drinnen - mit dem Blick auf dieses Draußen - die schauerliche musikalische Reise in den "Winter" einer versagten Liebe. Es beagnn für den Müllerburschen, wie es zu beginnen pflegt: "Das Mädchen sprach von Liebe, die Mutter gar von Eh`", aber dann kam es, wie es auch zu kommen pflegt: "Ich bin am Ende mit allen Träumen" und schließlich: "Eine Straße muss ich gehen, die noch keiner ging zurück". Schubert hat hier 24 kleine Gedichte von Wilhelm Müller zu einem Zyklus geformt, in dem er in seelische Tiefen hinabsteigt, die bis dahin nicht erkundet waren, mit einer Gefühlsintensität, mit einer Leidensfähigkeit und -bereitschaft, die diesen Liederzyklus zum symptomatischen Bild der Seelenlage der deutschen Romantik machen. Zwei junge Künstler stellten sich hier der Herausforderung, die einer Aufführung dieses ergreifenden Werkes immer bedeutet: der Bariton Lars Grünwoldt, der auch einmal in Rostock studiert hat, und die ukrainische Pianistin Olena Kushpler, die zurzeit noch in Hamburg studiert. Grünwoldt erwies sich als ein sehr bewusst und genau gestaltender Künstler, und er hat alle Mittel dazu: gutes stimmliches Material, eine ausgefeilte Technik und vor allem die künstlerische Intelligenz. Mit den schwarzen Farben seines tiefen Registers, mit den fahlen seines hohen, mit der Energie der vollen Bruststimme, der Biegsamkeit der "halben Stimme" und der Zerbrechlichkeit der Kopfstimme spürte er den feinen seelischen Verästelungen nach und führte sie zu einer packenden Gestaltung. Damit gestaltete er den ersten Teil als ein Panorama der schmerzlichen Erinnerung, auch mit der Süße des Schmerzes, und den zweiten Teil mit einer noch gesteigerten Intensität in seiner Todessehnsucht. Seine konsequenteste Tat: die Bitterkeit, mit der er das drittletzte Lied, das überraschend auftauchende "Mut!", versah, als letzte Absage an die Hoffnungsgläubigkeit.

© Neueste Norddeutsche Nachrichten 3/2007 Dr. Heinz-Jürgen Staszak


Beifall für Brahms Requiem in Greifswald

Greifswald: …gestützt auf eine zwar klein besetzte, aber zuverlässig und adäquat musizierende Kammerphilharmonie Greifswald sowie ergänzt durch zwei eindrucksvoll gestaltende Vokalisten: Jana Reiner (Sopran) und Lars Grünwoldt (Bariton). Heftiger Beifall im rappelvollen Dom!

© Ostsee-Zeitung 2/2007 Ekkehard Ochs

Minister bewährt sich als Märchenerzähler

Mit viel Verständnis für Wort und Musik war Kultusminister Hans-Robert Metelmann ein würdiger "Dritter" neben der hochspannend und originell musizierenden österreichischen Pianistin Stephanie Hoernes und dem mecklenburgischen Bariton Lars Grünwoldt, der schon neben Jochen Kowalski an der Komischen Oper sang, bei der Kammeroper Schloss Rheinsberg auftrat, derzeit an der Hamburgischen Staatsoper engagiert ist und fest in der Tradition des wortverliebten, exakt akzentuierenden Sängers steht. Ihm gelang es im Sinne Brahmsscher musikalischer Form die zu tiefst menschlichen Empfindungen von Liebe und Treue, Schmerz und Verzweiflung, Hoffnung und Trost so einfach und innig zu gestalten, dass das Festspielpublikum zugedeckt wurde wie mit chiffonleichtem Gewebe

Bea Bernstein Nordkurier 7/2006

Lieder statt großer Sinfonien – Gelungener Kammermusikabend mit Kompositionen von Schostakowitsch und Bach

Naumburg: …Diese Lieder kamen der Stimmlage des Charakterbasses sehr entgegen. Den ironisch-satirischen Unterton verstand der Sänger ausgezeichnet, unterstützt durch Mimik und Gestik, durch brillante Gesangstechnik schalkhaft, verschmitzt zum Vortrag zu bringen...

© Naumburger Zeitung 11/2006 Otto Democh


Einen Abend lang hat die Junge Oper keine Zukunftssorgen
Mozarts "Le nozze di Figaro" im Koblenzer Stadttheater
Koblenz: …Und hier beginnt das Lob für die ambitionierte Produktion: Wie selbstverständlich und flüssig die jungen Sängerinnen und Sänger singend parlieren, macht auch erfahrene Operngänger staunen ..wenn etwa der "fertige" Sänger Lars Grünwoldt als Graf natürlich auch eine professionelle Vorstellung liefert. © Rhein-Zeitung 9/2006 Claus Ambrosius

Klassikreihe Berliner Schlössertage gastierte in der Orangerie im Park Sanssouci

Berlin: Zwischen den einzelnen Instrumentalsätzen sangen Ulrike Schwab und Mareike Schröder, beide Sopran, sowie Lars Grünwoldt, Bariton, kompetent und warmherzig…

© Berliner Tagesspiegel 8/2006 Klaus Büstrin

Jesu Prozess – ein Psychokrimi
Den Reigen der sechs Gesangssolisten führten die beiden Bässe an. Wie spannend und zugleich differenziert Wolfgang Wirsching als Jesus und Lars Grünwoldt als Pilatus das Verhör vor Gericht gestalten, das gleicht einem psychologischen Krimi. Hier treffen zwei Herrscher von Format aufeinander: sendebewusst, gütig und siegessicher der eine, diplomatisch erfahren und doch immer mehr verblüfft durch die Entwicklung des Prozesses der andere. Geradezu beispielhaft erscheint zudem Grünwolds Gestaltung der beiden Bassarien.

© Oberallgäuer Zeitung 4/2006 Klaus Schmidt

KUNSTGENUSS Ein Märchen aus Musik und Literatur verzaubert Besucher der Festspiele M-V Festspiele Mecklenburg-Vorpommern: Dass es auch in Uecker-Randow Liebhaber der Romantik gibt, das bewiesen die zahlreichen Besucher im gut gefüllten Saal der Botschaft der Wildtiere in Klepelshagen am Freitagabend. Sie konnten sich von der „Wundersamen Liebesgeschichte der Magelone und des Grafen Peter aus der Provence“ verzaubern lassen. Mit der Musik von Johannes Brahms und dem Text von Ludwig Tieck verstanden es die Pianistin Stephanie Hoernes, der Bariton Lars Grünwoldt sowie Hans Robert Metelmann, Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Mecklenburg-Vorpommern, zu fesseln. Es war ein Kunstgenuss aus einem Guss, kamen die Besucher ins Schwärmen. Selbst das Zwitschern der Schwalben in dem rustikal gestalteten Saal schien sich mit einzureihen in die poetischen Bilder der Musik und der Rezitation, in denen die ganze Natur belebt und beseelt dargestellt wurde.
© Nordkurier 7/2006

22.12.2005 Neue Mozart-Power
„Auf Kampnagel“ – eigentlich ein etabliertes Zentrum sog. Alternativ-Kultur – spielt der Giovanni auf einem breiten Steg, umgeben von Blumenflächen, einer bühnenbreiten Spiegelwand am Ende, dem Orchester am Kopf und dem Publikum in U-förmigen Tribünen (Bühne Michael Schaltenbrand). Der Steg wird zur turbulenten Spielfläche für Solisten und Orchester. So gerät in der körperbetonten Regie von Andreas Bode der Giovanni zu einem faszinierenden Panoptikum hektischer Aktionen als Ausdruck elementarer Emotionen. Akademische Interpretationsversuche philosophischer Art spielen dabei keine Rolle – das Leben mit seiner Lust, seinen Träumen, seinen wilden Enttäuschungen wird selbst zum Gegenstand. Das junge Ensemble agiert mit ungebrochenem Elan und mit stimmlicher Bravour: die Elvira Catrin Kirchners verzehrt sich in Liebe und Hass, phrasiert in selten gehörter Intensität; Evelina Dobraceva gibt der Anna intensivste Kraft; Daniel Ochoa ist ein Giovanni mit superben Stimmmöglichkeiten, die er im wirbelnden Agieren realisiert; Lars Grünwoldts Leporello überzeugt als ambivalenter Diener, Olivia Stahn ist eine hin- und hergerissene Zerlina, Till Schulze ein hilfloser Masetto, Jung Kee Ahn ein irritiert-verunsicherter Ottavio, und Dong-Won Seo gibt dem Komtur voluminös-raumfüllenden Klang. Titus Engel dirigiert das hoch perfekte Ensemble Resonanz mit großer Leidenschaft, lässt selbstbewusst-alternative Arrangements für Streicherensemble zu einem exzellenten Hör-Erlebnis werden. Und die Musiker zelebrieren Mozarts Musik as young as never – fantastisch! In der Kampnagel-Fabrik trifft sich ein begeisterungsfähiges Publikum: jung und neugierig, älter und kenntnisreich – alle sind hingerissen vom wirbelnden Sturm des Spiels und der Musik! (frs)
PS: Schade, dass es kein Programmheft gibt – die Akteure haben es verdient. Opernnetz

Die Oper der Opern als Feier des Menschen
Andreas Bodes Inszenierung des "Don Giovanni" auf Kampnagel
Hamburg: Gut und Böse war einmal: Im Spiel der Masken und der Puppen, im Theaterzauber des Barock, in der immer wieder gleichen Versuchsanordnung der Commedia dell'arte. Seit Mozarts Opernrevolution aber gilt's dem Rein-Menschlichen: Die schablonierten Rollentypen passen nicht mehr, die da oben auf der Opernbühne sind gerade so wie wir: leidenschaftlich und langweilig, witzig und banal, betrügerisch und betrogen. Mozarts Don Giovanni, die Oper aller Opern, ist die Feier dieser Menschenkunst. Andreas Bodes Inszenierung, die am Donnerstag auf Kampnagel Premiere hatte, vertraut ihr keineswegs blind, sondern mit poetischem Feingefühl, mit Weitblick und zartem Humor. Sie schenkt seinen musikalisch so unendlich facettenreichen Figuren jenen Raum der Freiheit, den sie zum Atmen und Weinen, zum Lachen und Lieben brauchen.
Das Bild, das Bode und sein Bühnenbildner Michel Schaltenbrand hierzu ersonnen haben, ist so schlicht wie genial: Eine üppige Blumenwiese - laut duftende Lilien, unschuldig wie die Mutter Jesu, dominieren darin. Ein Laufsteg trennt den Paradiesgarten in zwei Hälften, führt zudem hinauf zum Publikum und zum Ensemble Resonanz, das als Elf- Mann-Kombo Mozarts Orchestersatz in mal trostlos vergeigter, mal grandios komprimierter Verwesentlichung spielt. Was wir da erblicken, strahlt eine gleichsam vorzivilisatorische, ästhetisch reine Kraft aus, die dem Personal des Don Giovanni zu verblüffend selbstverständlicher Entfaltung seiner selbst verhilft. Noch nie so genau hat man etwa die Zerlina kennengelernt. Zu Anfang ein Püppchen, ein locker flockig kicherndes Babe, das durch den Verführer Giovanni keineswegs schuldig, sondern vielmehr ihrer selbst bewußt wird. Im nur von Gitarre und Flöte umschmeichelten Duett "Là ci darem la mano" beginnt dieser Prozeß, in "Batti, batti" und "Vedrai, carino", das sie direkt an Giovanni richtet, wirkt sie schon gewandelt, gereift. So groß ist ihre Treue. Olivia Stahn bringt diese Frauwerdung stimmlich berührend zum Ausdruck. Die Donna Anna der Evelina Dobraceva ist dagegen die statischere, ins Korsett gezwungene große Liebende und opernsüß bitterlich Weinende, deren feminines Freiheitspotential sie allein vokal ausschöpft. Aber wie: eine fulminante Stimme, die ihre lyrische Emphase mit dramatischem Aplomb weitet. Donna Elvira, die verzweifelte, weil verlassene Zicke, ist in Gestalt von Catrin Kirchner eine traumatisierte Hysterikerin, ein gefallener Engel, eine gebrochene Blume aus dem Garten Eden von verstörender Heutigkeit. Ein unerhört authentisches, psychologisch tiefenscharfes Rollenporträt, zu dem Dirigent Titus Engel auf dem Höhepunkt ihrer Koloraturen einen klug dekonstruktivistischen Querverweis auf Mozarts große Frauengestalten Konstanze und Pamina beisteuert: "Ach, ich liebte..." Etwas blasser die Herren: Jung Kee Ahn als schönstimmiger, spießiger Schwächling Ottavio, Lars Grünwoldt als leichtgewichtiger Leporello, Till Schulze als staksiger Masetto und Dong-Won Seo als adäquat orgelnder Komtur. Daniel Ochoa aber gibt einen vokal virilen Giovanni-Latin-Lover mit unendlichen Zwischentönen und heldischen Reserven. Jenseits des stereotypen Verführers gewinnt er ihm anarchistische, liebesmüde, lebenssatte, dem Tode geweihte Seiten ab. Wenn sich das Musiktheater letztlich von der Oper durch die Fragestellung scheidet, warum Menschen sich denn singend verständigen, dann wird sie hier beantwortet: Mozarts oft dröge Rezitative verwandelt Titus Engel in einen Sprechgesang von seltener Wahrhaftigkeit. Allein eine Gitarre umspielt den italienisch gesungenen Text, der uns wunderbar nahe kommt. Ganz wie die Blumenkinder, deren Vermögen zur Utopie sie alsbald ins verlorene Paradies zurückführen mag. Mit Kleist scheint uns Andreas Bode zu fragen: "Müßten wir wieder von dem Baum der Erkenntnis essen, um in den Stand der Unschuld zurückzufallen?"
© Die Welt 12/2005

Radiobeitrag NDR 90,3 Premiere Don Giovanni 12/2005

Gerangel um Don Giovanni Mozart-Oper auf Kampnagel
Hamburg: Frauen sind für ihn eigentlich alle Luft. Schade nur, daß Don Giovanni ohne Luft nicht leben kann. Mitunter ist es ganz schön stressig, immer den großen Verführer spielen zu müssen. Weil seine Herzdamen sich zwar flach-, aber nicht ablegen lassen wollen. Und so macht er sich und den Frauen weiter etwas vor. Als er dem Tod ins Auge sieht, treibt er das Spiel immer toller und wird vom Schicksal bestraft. Regisseur Andreas Bode hat aus Mozarts Oper ein launig überdrehtes Kammerspiel gemacht. Die Bühne (Michael Schaltenbrand): ein Laufsteg, auf dem die Figuren ihr selbstverliebtes, exzentrisches, verlogenes Liebesspiel (über-)treiben. Umgeben von einem Blumenmeer (die Liebe verblüht ja mitunter so schnell wie eine Schnittblume), das sich mal als bunter Liebes- und mal als fahler Irrgarten mit Grabesstimmung entpuppt. Im Hintergrund ein Spiegel, in dem alle die Wahrheit sehen könnten. Bode setzt auf die Figuren und macht ihre inneren Konflikte exzessiv sichtbar. Das gelingt ihm, weil er mit Daniel Ochoa (Don Giovanni), Lars Grünwoldt (Leporello), Evelina Dobraceva (Donna Anna), Catrin Kirchner (Donna Elvira), Olivia Stahn (Zerlina), Jung Kee Ahn (Don Ottavio), Till Schulze (Masetto) und Dong-Won Seo (Komtur) exquisite Sänger-Schauspieler hat. Und weil die für Kammerorchester bearbeitete Partitur (Titus Engel, Tobias Schwencke) die Widersprüchlichkeit der Figurencharakteristik originell ironisiert. Schade nur, daß das Ensemble Resonanz und die Sänger nicht immer zusammenfanden. Und daß das Bühnenspiel manchmal ins etwas zu Lächerliche abzurutschen drohte. Weniger wäre etwa bei den Rangeleien zwischen Zerlina und Masetto mehr gewesen. Insgesamt aber ein sehr amüsanter Abend.

© Hamburger Abendblatt 12/2005


Glänzende Aufführung des „Messias“
Das Festival „Klassik am Meer“ bot am Sonntag in der Garnisonkirche
eine blendende „Messias“- Aufführung

Wilhelmshaven: Was die Solisten durchweg auszeichnete, waren exzellente Technik und individuelles Timbre. Altistin Britta Schwarz gefiel mit einer betörenden, schwersamtenen Stimme.
Benoit Haller gestaltete die Tenorpartie sicher und musikalisch überzeugend in allen Lagen. Haller ist ein Sänger, der sowohl Koloraturen gestochen scharf singen kann als auch über kräftiges Forte und eindringliches Piano verfügt. Zu ihm bildete der Bassist Lars Grünwoldt mit kernigem Timbre und immer noch deutlichem Koloraturprofil einen schönen Kontrast. Die Krone unter den Solisten indes gebührt der Sopranistin Tanya Aspelmeier. Die berühmte Arie „Ich weiß, das mein Erlöser lebt“ interpretierte sie ganz im Sinne des Junge‘schen Gesamtkonzeptes klangschön und friedlich in sich ruhend. Das war Weltklasse. Der Schlussapplaus für „The Messiah“, am Sonntag in der Christus- und Garnisonkirche aus einem Guss vorgetragen, war nicht enden wollend.

© Wilhelmshavener Zeitung 7/2005 Norbert Czyz

Das Fragment weitergedacht - Die Neuköllner Oper zeigt mit Debussys "Haus Usher" einmal etwas Interessantes
Berlin: Die Neuköllner Oper wurde zuletzt zunehmend für ihre Komödien getadelt, für die risikoarmen Verballhornungen und Zeitgeist-Stücke, mit denen sie sich zunehmend überflüssig macht. Das Experiment erhält hier zuweilen aber doch noch Raum. Am Donnerstag wurde ein solches Experiment vorgestellt - man erlebt einen hinreißenden, originellen und substanziellen Abend. Es ging um den "Untergang des Hauses Usher", jene Erzählung Edgar Allen Poes, aus der Debussy seine zweite Oper machen wollte. Leider gab der Komponist nach zwei skizzierten Szenen das Projekt auf. Gleichwohl regt dieses Fragment die Fantasie mächtig an. Einmal gehört die erhaltene Musik harmonisch und formal zum eigenartigsten, was Debussy überhaupt geschrieben hat, und dass er diese Eigenarten in anderen Werken nicht verfolgt hat, macht das Erhaltene doppelt wertvoll. Andererseits darf Poes Erzählung durchaus als Schlüsseltext der Moderne gelten. Ihre Hauptfigur Roderick ist in ihrer krankhaften Reizbarkeit und daraus resultierenden Lebensunfähigkeit ein Zeuge der Verwirrung im Anbruch der Epoche permanenten Umbruchs, nicht anders als etwa Hofmannsthals Lord Chandos, dem die Sprache ihren Dienst versagt. Der junge Regisseur Michael von zur Mühlen hat dieses Fragment zu einer theatralischen Aktion mit Handlungs- und Musikeinlagen entfaltet. Er siedelt das Geschehen in einem zweigeschossigen Raum an, dessen untere Etage aseptisch weiß und leer ist bis auf eine Badewanne, die zur Reinigung, zum Müßiggang und zum Ertrinken einlädt. Die obere Etage dagegen ist gerümpelig wie ein Dachspeicher, aber zum größten Teil durch Abbruchwände dem Zuschauer verborgen.
Hier also bringt Roderick seine Tage hin, will leben und kann es nicht und bekommt daher von seinem Hausarzt launige Selbstmord-Tipps. Mit plötzlichem Entschluss wird eine Party gefeiert, die in schlaffem Gequatsche endet. Schließlich droht Roderick einen Stein ins Publikum zu schmeißen, in jene Außenwelt, deren mediale Aufbereitung er in Form von Zeitungsseiten zu Beginn gefressen und wieder ausgekotzt hat. Das ist umwerfend komisch, aber auch originell unheimlich: Der weiße Raum ist zunächst das Gegenteil jenes sumpfumgebenen, pilzumwobenen Hauses Usher, das Poe beschreibt. Das Weiß jedoch schluckt in bestimmtem Licht jede räumliche Struktur, und dann gähnt einen die nackte Haltlosigkeit an. Überhaupt hat von zur Mühlen ein Gespür für die symbolische und dennoch szenisch starke Geste: Da dringt einmal die Klinge eines Messers von außen durch die Wand, und wenig später bricht durch diesen Einschnitt in der Haut von Haus und Bewohnern der Freund hinein, der mit seinem Gequatsche die ganze depressive Haushaltung durcheinander bringt - von Lars Grünwoldt brillant gespielt und mit überaus wohllautendem Bariton gesungen. Das Ensemble erfreut generell - Hubert Wild als Roderick, Andrea Chudak als seine Schwester Madeline, Benedikt Zeitner als Hausarzt - mit sehr guten schauspielerischen und sängerischen Leistungen. Der Abend vergeht auch da, wo er in Zonen des Verläpperns, des Geredes geführt wird, im Flug genauen Timings, und haftet doch durch die Suggestivität und Rätselhaftigkeit seiner Bilder im Gedächtnis. Dass die Musik an diesem Eindruck keinen übergroßen Anteil hat, ist schade, denn die Idee des Pianisten stefanpaul, Debussys Skizzen mit Morton Feldmans schönstem Klavierstück, "Palais de Mari" von 1986, engzuführen, besticht. Mit den ersten kargen Feldman-Takten betritt man durch den Kontrast jene abgeschlossene Endspiel-Welt, zu der der Regisseur Poes und Debussys Entwurf weitergedacht hat.

© Berliner Zeitung 7/2005 Peter Uehling

"Sternstunde im Nikolaisaal" Giacomo Puccinis „Tosca“ konzertant / Musiker als sensible Begleiter der Sänger

Lars Grünwoldt vollbrachte das Kunststück, seinen vier Rollen (Angellotti, Mesner, Sciarrone, Wärter) einen jeweils eigenen Charakter zu geben - ganz ohne Kostüm und Pantomime. Heribert Beissel und das Staatsorchester Frankfurt ließen sich trotz aller Versuchung, in Puccinis Harmonien zu schwelgen, nicht hinreißen, sich zu den Hauptakteuren des Abends aufzuspielen…

© Märkische Allgemeine Zeitung 5/2004 Andrea Ullrich

„Pastorelle en musique“ im Berliner Meistersaal

Berlin: Eine ganz besondere Kost für Kenner bot die Komische Oper Berlin
...Gesungen wurde ebenfalls – vor allem bei den Herren – virtuos; in der gut besuchten Vorstellung am 22. Januar ersetzte Lars Grünwoldt den erkrankten Ingolf Seidel als Damon mit bemerkenswert schönem, gut geführten Bariton. © Orpheus International 4/2004 G.H.

Das Leiden Christi auf Musikalische Art
Kantorei St. Michaelis führt Bachs Johannes-Passion auf

… auch der Bass Lars Grünwoldt, der die Arien und den Part des Pilatus übernahm,
präsentierte sich gekonnt.

© Hildesheimer Zeitung 3/2004